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M1 „Wir müssen unparteiisch sein“ Am 19. August 1914 wendet sich Präsident Woodrow Wilson mit folgendem Appell an den US-Senat: Die Menschen der Vereinigten Staaten kommen von vielen Nationen, und hauptsächlich von den Nationen, die sich jetzt im Krieg befi nden. Es ist natürlich und unvermeidlich, dass es die größte Vielfalt von Sympathien und Wünschen unter ihnen gibt im Hinblick auf die Anliegen und Umstände des Konfl iktes. Einige werden wünschen, dass diese Nation, andere, dass jene Nation in dem momentanen Streit Erfolg haben wird. [...] Solche Spaltungen unter uns würden fatal sein für unseren Seelenfrieden und würden ernsthaft den Vollzug unserer Pfl icht als die einzige große Nation im Friedenszustand gefährden, als das einzige Volk, das sich selbst bereit hält, eine Rolle der unparteiischen Vermittlung zu übernehmen und Ratschläge zu geben, für Frieden und Entgegenkommen, und zwar nicht als jemand, der Partei ergreift, sondern als ein Freund. [...] Die Vereinigten Staaten müssen ihrem Handeln nach wie auch dem Worte nach während dieser Tage, die eine Versuchung darstellen für die Seelen der Menschen, neutral bleiben. Wir müssen unparteiisch sein sowohl im Denken als auch im Handeln, wir müssen unsere Gefühle zügeln und auch jede unserer Handlungen im Zaume halten, die als eine Bevorzugung der einen Streitpartei gegenüber der anderen aufgefasst werden könnten. Herbert Schambeck, Helmut Widder und Marcus Bergmann (Hrsg.), Dokumente zur Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, Berlin 22007, S. 431 f. 1. Arbeiten Sie Wilsons Argumente heraus. Achten Sie auf die innenpolitischen Aspekte. 2. Erläutern Sie das Bild, das Wilson von seinem Land entwirft. Nehmen Sie dazu Stellung. M2 „Die Welt muss sicher gemacht werden für die Demokratie“ a) Am 2. April 1917 spricht sich Präsident Woodrow Wilson vor dem Kongress für eine Kriegserklärung an das Deutsche Reich aus: Neutralität ist nicht länger durchführbar oder wünschenswert, wo es um den Frieden der Welt und die Freiheit ihrer Völker geht […]. Wir stehen am Anfang eines Zeitalters, in dem man darauf beharren wird, dass die gleichen Maßstäbe für das Verhalten und für die Verantwortlichkeit für getanes Unrecht von den Nationen und ihren Regierungen beobachtet werden sollen, die von den einzelnen Bürgern zivilisierter Staaten befolgt werden. Wir haben keinen Streit mit dem deutschen Volk. Wir haben keine andere Empfi ndung ihm gegenüber als eine der Sympathie und Freundschaft. Es war nicht auf seinen Impuls hin, dass seine Regierung handelte, als sie in diesen Krieg eintrat. Es geschah nicht mit seinem vorherigen Wissen oder Beifall. Es war ein Krieg, über den entschieden wurde, wie über Kriege entschieden zu werden pfl egte in den alten, unglücklichen Zeiten, als die Völker nirgendwo von ihren Herrschern zurate gezogen und Kriege provoziert wurden im Interesse von Dynastien oder kleinen Gruppen ehrgeiziger Leute, die ihre Mitmenschen als Schachfi guren oder Werkzeuge zu benützen gewohnt waren. Sich selbst regierende Nationen füllen ihre Nachbarstaaten nicht mit Spionen an oder steuern den Kurs von Intrigen, um irgendeine kritische Lage der Dinge herbeizuführen, die ihnen eine Gelegenheit zum Zuschlagen und zur Eroberung gibt […]. Wir sind froh, jetzt, da wir die Tatsachen ohne einen Schleier trügerischen Scheins sehen, dass wir so für den schließlichen Frieden der Welt und für die Befreiung ihrer Völker, die deutschen Völker eingeschlossen, kämpfen: für die Rechte der Nationen, groß und klein, und das Vorrecht der Menschen allüberall, sich ihre Weise des Lebens und des Gehorsams auszusuchen. Die Welt muss sicher gemacht werden für die Demokratie. Ihr Friede muss auf den erprobten Grundlagen politischer Freiheit errichtet werden. Wir haben keine selbstischen Ziele, denen wir dienen. Wir verlangen nach keiner Eroberung, keiner Herrschaft. Wir suchen keinen Schadenersatz für uns selbst, keine materielle Entschädigung für die Opfer, die wir bereitwillig bringen werden. Wir sind lediglich einer der Vorkämpfer für die Rechte der Menschheit. […] Es ist eine fürchterliche Sache, dieses große friedfertige Volk in den Krieg zu führen, in den schrecklichsten und verheerendsten aller Kriege, in dem die Zivilisation selbst auf dem Spiele zu stehen scheint. Aber das Recht ist wertvoller als der Friede, und wir werden für die Dinge kämpfen, die wir stets unserem Herzen zunächst getragen haben – für die Demokratie, für das Recht jener, die der Autokratie1 unterworfen sind, auf ein Mitspracherecht bei ihrer Regierung, für die Rechte und Freiheiten kleiner Nationen, für eine allgemeine Herrschaft des Rechts durch ein Konzert der freien Völker, das allen Nationen Frieden und Sicherheit bringen und die Welt selbst endlich frei machen wird. Solch einer Aufgabe können wir unser Leben und unser Vermögen weihen, alles was wir 1 Autokratie: unumschränkte Herrschaft 5 10 15 20 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 199US-Politik im Ersten und Zweiten Weltkrieg Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um d s C .C .B uc n r V rla gs | |
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