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19 M4 Die Besonderheit moralischer Normen sind Handlungsregeln; wo Normen sind, sprechen wir von einem Sollen. So sagen wir z. B. „Du sollst nicht töten“. Der Vogel hingegen stößt den Warn schrei nicht aus, weil er es tun soll. Für den Vogel selbst gibt es hier gar kein „weil“. Er tut es, weil er es tun muss. Der Unterschied besteht darin, dass die Menschen eben nicht so handeln müssen, wie sie handeln sollen. Sie sind in diesem Sinne frei: Sie können auch anders handeln, als sie sollen. Nicht alle Normen sind moralische Gebote. Auch eine Spielregel z. B. ist eine Norm, und es gibt viele andere Arten von Normen. […] Wenn du wissen willst, um was für eine Norm es sich handelt, frag dich, was passiert, wenn man sich nicht an die Norm hält. Wenn du beim Schach oder beim Fußball gegen die Regeln, also gegen die Normen verstößt, werden die anderen nicht mehr mit dir spielen wollen. Das Besondere der moralischen Normen hingegen ist, dass die anderen, wenn du dagegen verstößt, mit Empörung reagieren. Ernst Tugendhat 5 10 15 20 M5 Aufgabe der Ethik Die Ethik lehrt uns beurteilen, ob eine Handlung richtig ist oder falsch, natürlich oder gegen die Natur gerichtet, gut oder schlecht. Für die ethische Bewertung einer Handlung benötigen wir ein doppeltes Wissen: Zum einen müssen wir die menschliche Natur als den Maßstab unseres Verhaltens kennen. Das ist ein sehr allgemeines Wissen, das zu allgemeinen Verhaltensregeln führt wie „Mord ist schlecht“ oder „Zu Freunden muss man stehen“. Zum anderen müssen wir wissen, wie wir das Gesetz auf den Einzelfallanwenden. Darf ich zum Beispiel jemanden erschießen, der versucht, meine Mutter zu vergewaltigen? Soll ich weiter zu einem Freund halten, der ein Neonazi geworden ist? Wir müssen also wissen, ob etwas hier und jetzt, unter den gegebenen Umständen und in diesem Augenblick, gut oder schlecht ist. Héctor Zagal/José Galindo 5 10 15 ETHIK UND PHILOSOPHIE Normen 1 Vergleiche die Anweisungen auf den Schildern. Welche Lebensbereiche betreen sie? > M1 2 Nenne und beschreibe die Einteilung für Normen. Erstelle dazu eine Tabelle. > M2 3 Ordne die Anweisungen den verschiedenen Normen zu. > M1/M2 4 Nenne Regeln, Richtlinien und Vorschriften, die dein tägliches Handeln bestimmen. Ordne diese den verschiedenen Normen zu. > M1/M2 5 Beschreibe die unterschiedlichen Bedeutungen von „Norm“ in den Sätzen. > M3 6 Erläutere, was das Besondere an moralischen Normen ist. Formuliere dazu auch mögliche Gedanken einer Person, die mit Empörung auf einen Normenverstoß reagiert. > M4 7 Ethische Bewertungen sind nicht so einfach. Findet Beispiele, in denen eine allgemeine moralische Regel (z. B. du sollst nicht stehlen) nicht ohne Schwierigkeiten angewendet werden kann. > M4/M5 A U F G A B E N Empörung: Entrüstung, Aufgebrachtheit, von starken Gefühlen begleitete Verärgerung über etwas Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc h er V er la gs | |
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