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131Das Reich und der Dreißigjährige Krieg M1 Kriegskatastrophen Der Abt Maurus Friesenegger (1590 1655) zeichnet die wichtigen Ereignisse um sein Kloster Andechs am Ammersee Jahr um Jahr in einem Diarium (Tagebuch) auf. Im Mai/Juni 1632 berichtet er über die durch die Schweden hervorgerufenen Schäden: Übrigens war im ganzen Kloster eine abscheuliche Verwüstung; keine ganze Tür, kein Schloss, kein Kasten, kein Schrank, kein Fenster, das nicht zerbrochen war; alle Gänge, alle Zimmer, das Refectorium, Dormitorium, Colloquium1 waren mit Stroh, zerschlagenen Fensterund Türund Kästensplittern, mit Pferdund Menschenunrat, mit Gestank und Grausen, so angefüllet, dass fünf Mann zehn Tage genug zu tun gehabt, das Kloster nur vom größten Unrat zu reinigen. Vom ganzen Hausrat, von Küchenund Tischgeräten war nichts mehr da oder zerbrochen. […] Zu Mühlfeld, allwo die kostbaren Congregationsund Komedi-Kleider2, samt mehrerem anderen Kloster-Hausrat verborgen worden, wurde alles verraten und geraubet. Noch elender als im Kloster sah es im Dorf aus. Das obere Wirtshaus, das schöne Richterhaus, das neue Schulhaus, in allem 43 Häuser, fast das ganze obere Dorf lag in der Asche, wozu die Feinde am 24ten Mai Feuer angelegt haben. Und niemand durfte retten, alles Bitten, alles Heulen war fruchtlos. Einige sagen, dass es darum geschehen, weil die Erlinger die begehrte Brandschatzung3 nicht bezahlen wollten oder konnten, andere wegen den zwei, die neulich von den einheimischen Reitern getötet worden, worunter einer von großem Adel war. Nebst den Häusern ist auch der Turm und die Dachung von der U(nser) L(ieben) Frauen-Kirch und viele Paramente4 von dieser und der St. Veits-Kirchen mit verbrannt. Wie die Behausungen, so waren auch alle anderen Hausund Baufahrnisse hin. Kein Wagen, kein Pfl ug im ganzen Dorf. Von 140 Pferden waren einzige drei, von 400 Stück Hornvieh nur vier mehr übrig. Schaf, Schwein und das gesamte Gefl ügel waren ganz und gar verloren. Und nun stund die Heuund Feldarbeit bevor. In anderen umliegenden Ortschaften war das nämliche Elend, außer dass die meisten doch ihre leeren Häuser noch hatten. Und wer konnte helfen! Willibald Mathäser (Hrsg.), Maurus Friesenegger. Tagebuch aus dem 30jährigen Krieg, München 2007, S. 18 f. (sprachlich vereinfacht) 1. Es wird unterschieden zwischen Textquellen, die mit Blick auf die Nachwelt erstellt worden sind, und Textquellen, die ohne diese Absicht für den privaten Gebrauch verfasst wurden. Benennen Sie die Quellengattung. Begründen Sie Ihre Festlegung. 2. Erörtern Sie die Glaubwürdigkeit des Tagebuches anhand der Informationen, die Ihnen vorliegen. M2 Im Dreißigjährigen Krieg zerstörte Ortschaften 1 Refectorium, Dormitorium, Colloquium: Speisesaal, Schlafsaal, Gesprächsraum 2 Congregationsund Komedi-Kleider: Kleider für Klöster und Theateraufführungen 3 Brandschatzung: Zwangserhebung unter Androhung der Plünderung 4 Paramente: Textilien für den Gottesdienst wie Priestergewänder und Altardecken Schlösser Städte Dörfer Pommern, Mecklenburg und Holstein 203 307 2 041 Mark Brandenburg 48 60 5 000 Meißen, Schlesien, Mähren 277 213 2 744 Böhmen 215 80 813 Österreich 51 23 313 Pfalz 109 106 807 Franken und Stift Würzburg 59 36 393 Vogtland und Thüringen 68 41 409 Stift Merseburg, Halle, Magdeburg, Halberstadt, Hildesheim 217 103 1 105 Braunschweig, Lüneburg und Stift Bremen 50 38 406 Stift Osnabrück, Minden, Paderborn, Fulda 213 304 1 027 Westfalen 119 97 1 019 Stift Köln, Metz, Trier 327 205 2 033 Limburg 20 16 200 5 10 15 20 25 30 Nach: Der Große Ploetz, Die Enzyklopädie der Weltgeschichte, Freiburg 352008, S. 897 1. Erläutern Sie die kurzund langfristigen Folgen der Schäden für die Bevölkerung (M1 und M2). 2. Recherchieren Sie, ob ihre Heimatregion vom Dreißigjährigen Krieg betroffen war. Präsentieren Sie das Ergebnis in einem Kurzreferat. Nu r z ur Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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