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„Aufgewachsen in der DDR“ Martina F. hat vor dem Zeitzeugengespräch folgende Angaben zu ihrem Lebenslauf gemacht: Martina F. wurde 1965 in Magdeburg geboren. Durch ihre Eltern, beide Mitglieder der SED, wurde Martina F. im Sinne der Staatsideologie erzogen. Da beide Elternteile berufstätig waren (Vater Ingenieur, Mutter Busfahrerin), kam sie schon im Alter von einem Jahr in eine Kinderkrippe. In der Schule war Martina F. wie viele ihrer Klassenkameraden Mitglied in der Freien Deutschen Jugend (FDJ), nachdem sie zuvor schon zu den Jungen Pionieren gehört hatte. An den gemeinsamen offi ziellen Maidemonstrationen nahm sie gerne teil, zog dafür ihre blaue FDJ-Bluse an, die sie heute noch besitzt. Die Ferienlager nutzte sie als gute Gelegenheit, mit den Freundinnen die Ferien zu verbringen. Bei ihrer Jugendweihe gelobte sie, „für ein glückliches Leben des ganzen deutschen Volkes zu arbeiten und zu kämpfen“ und ihre „ganze Kraft für die große und edle Sache des Sozialismus einzusetzen“. Darüber hinaus war es für sie selbstverständlich, in der 8. Klasse in die Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft (DSF) einzutreten. In ihrer Freizeit hörte Martina F. gerne Rockmusik von verschiedenen Gruppen aus der DDR, wie zum Beispiel die „Puhdys“, und sah das Jugendfernsehen der DDR. Sie war davon überzeugt, im Westen herrsche der „Klassenfeind“, und lehnte das dortige System kategorisch ab. Ihren Urlaub verbrachte sie an der Ostsee oder am Plattensee in Ungarn. Martina F. studierte Geschichte und Russisch in Berlin und auch für zwei Semester in Moskau. Ihr Ziel war es, als Lehrerin den Schülerinnen und Schülern die Ideen des Sozialismus nahe zu bringen. Die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung in den 1980er-Jahren registrierte Martina F. kaum, zu sehr war sie mit ihrem Studium beschäftigt. Von der Maueröffnung und der anschließenden Wiedervereinigung wurde sie regelrecht überrascht. Sie kann heute noch nicht richtig nachvollziehen, warum die DDR so rasch verschwand. Die Umstellung auf die neuen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fi el ihr schwer. Heute arbeitet Martina F. als Lehrerin an einer Regelschule in Thüringen. Möglicher Fragenkatalog: p Welche Pfl ichten und Möglichkeiten hatten Mitglieder der Jungen Pioniere und der Freien Deutschen Jugend? Welche Verhaltensmaßregeln galten, wie viel Zeit haben Sie pro Woche für Aktivitäten aufgewendet? p Welche Bedeutung hatte für Sie die Jugendweihe? p Wurde in Ihrer Familie über Politik gesprochen? Waren diese Gespräche auch kontrovers? Wenn ja, um welche Themen ging es dabei? p Hatten Sie jemals das Bedürfnis, in die Bundesrepublik oder ein anderes westliches Land zu reisen? Wie haben Sie es beurteilt, dass den meisten Bürgerinnen und Bürgern der DDR diese Möglichkeit nicht offenstand? p Welches Bild von der Bundesrepublik und den anderen westlichen Ländern hatten Sie? Wie sind Sie zu diesen Vorstellungen gelangt? Hat sich Ihr Bild gewandelt? p Welche Veränderungen in der Stimmung der Bevölkerung vor der Maueröffnung haben Sie registriert? p Welche Einstellung besaßen Sie gegenüber Mitschülern und anderen Mitbürgern, die eine kritische Haltung gegenüber der Staatsdoktrin oder gegenüber den Verhältnissen in der DDR hatten? Gab es auch kritische Äußerungen von Kommilitonen? Wie haben Sie das Verhalten von staatstreuen gegenüber regimekritischen Mitbürgern erlebt? p Empfanden Sie einen Unterschied zwischen dem offi ziellen Bild vom Leben in der DDR und der gesellschaftlichen Wirklichkeit? Wenn ja, welche Lebensbereiche betraf dies? p Wie beurteilen Sie heute die Staatsdoktrin und das Leben in der DDR? Beispiel 1 5 10 15 20 21Zeitzeugen befragen Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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