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291 Ausgrenzung und Verfolgung (2) Das Reichsbürgerrecht wird durch Verleihung des Reichsbürgerbriefes erworben. (3) Der Reichsbürger ist der alleinige Träger der vollen politischen Rechte nach Maßgabe der Gesetze. 3 b) „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“, 15. September 1935: Durchdrungen von der Erkenntnis, dass die Reinheit des deutschen Blutes die Voraussetzung für den Fortbestand des deutschen Volkes ist, und beseelt von dem unbeugsamen Willen, die deutsche Nation für alle Zukunft zu sichern, hat der Reichstag einstimmig das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird: § 1 (1) Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes sind verboten. Trotzdem geschlossene Ehen sind nichtig, auch wenn sie zur Umgehung dieses Gesetzes im Ausland geschlossen sind. (2) Die Nichtigkeitsklage kann nur der Staatsanwalt erheben. § 2 Außerehelicher Verkehr zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes ist verboten. § 3 Juden dürfen weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes unter 45 Jahren in ihrem Haushalt nicht beschäftigen. § 4 (1) Juden ist das Hissen der Reichsund Nationalfl agge und das Zeigen der Reichsfarben verboten. (2) Dagegen ist ihnen das Zeigen der jüdischen Farben gestattet. Die Ausübung dieser Befugnis steht unter staatlichem Schutz. § 5 (1) Wer dem Verbot des § 1 zuwiderhandelt, wird mit Zuchthaus bestraft. (2) Der Mann, der dem Verbot des § 2 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis oder Zuchthaus bestraft. (3) Wer den Bestimmungen der §§ 3 oder 4 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. […] Wolfgang Michalka (Hrsg.), Deutsche Geschichte 1933 1945, Frankfurt am Main 1993, S. 95 f. 1. Arbeiten Sie die Folgen des „Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ für das Zusammenleben der jüdischen und nichtjüdischen Bevölkerung heraus. 2. Erörtern Sie die Auswirkungen des „Reichsbürgergesetzes“. M4 Das „Novemberpogrom“ in unterschiedlicher Perspektive Die Sopade, wie sich die SPD im Prager, später Pariser Exil nennt, gibt seit 1934 regelmäßig „Deutschland-Berichte“ heraus und informiert mithilfe eines geheimen Berichterstattersystems über die Situation im nationalsozialistischen Deutschland. Nach dem 9./10. November 1938 berichtet sie: Alle Berichte stimmen dahin überein, dass die Ausschreitungen von der großen Mehrheit des deutschen Volkes scharf verurteilt werden. In den ersten Pogromtagen sind im ganzen Reich viele hundert Arier verhaftet worden, die ihren Unwillen laut geäußert haben. Oft wird die Frage gestellt: „Wer kommt nach den Juden an die Reihe?“ – Man muss sich allerdings – wie groß die allgemeine Empörung auch sein mag – darüber klarwerden, dass die Brutalitäten der Pogromhorden die Einschüchterung gesteigert und in der Bevölkerung die Vorstellung gefestigt haben, jeder Widerstand gegen die uneingeschränkte nationalsozialistische Gewalt sei zwecklos. […] Bemerkenswert ist übrigens, dass, wie nach jeder früheren Welle von Ausschreitungen so auch diesmal wieder, das Gerede auftaucht, Hitler habe das nicht gewollt. „Hitler will zwar, dass die Juden verschwinden, aber er will doch nicht, dass sie totgeschlagen und so behandelt werden“ usw. usw. i Öffentliche Diskriminierung eines Paares. Foto aus Norddeutschland, 1933. 15 20 25 30 35 40 45 50 5 10 15 32015_1_1_2015_Kap3_260-351.indd 291 01.04.15 11:00 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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