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55Das christliche Weltbild des Mittelalters Heiligenverehrung und Marienfrömmigkeit Zum Glauben an Gott, Christus und den Teufel trat im Mittelalter die Verehrung einer anwachsenden Schar von Heiligen. Sie galten als Fürsprecher vor Gott, wurden in Notzeiten angerufen und an wunderkräftigen Orten verehrt. Sie selbst, so war man sicher, konnten in der Nachfolge Chris ti zu ihren Lebzeiten und noch danach Wunder vollbringen. Mit dem Heiligenkult verbunden und kennzeichnend für die mittelalterliche Religiosität war der Reliquienkult, mit dem sich ein reger Reliquienhandel verband. Besonders die Marienfrömmigkeit gewann für die mittelalterliche Glaubensvorstellung an Bedeutung. Auch von der Himmelskönigin gab es Reliquien, und überall in Europa entstanden Heiligtümer zu ihren Ehren. Zu den besonders verehrten Statuen und Bildern führten viele Marienwallfahrten. Verdienste um das Seelenheil versprachen vor allem die „klassischen“ Pilgerreisen nach Jerusalem, Rom oder zum Grab des Heiligen Jakob im nordwestspanischen San tiago de Compostela. Sie erlebten ihren Höhepunkt im 11. bis 13. Jahrhundert. i Schrein der Heiligen Elisabeth in der Elisa bethkirche in Marburg an der Lahn. Goldschmiedearbeit, 1236 1249. Elisabeth (1207 1231) war die Landgräfi n von Thüringen. Durch ihr strikt religiöses Leben und ihre Hinwendung zu Armen und Kranken erregte sie in ihrer adligen Umgebung Anstoß. Nach dem Tod ihres Mannes (1227) verließ sie die Wartburg, trennte sich von ihren Kindern, verschenkte große Teile ihres Besitzes und zog nach Marburg, um als barmherzige Nonne zu leben. Reliquien: Überreste vom Körper eines Heiligen oder Gegenstände, mit denen dieser in Berührung gekommen war, z. B. Kleidungsstücke Das irdische Dasein als Durchgangsstation zur Erlösung Der mittelalterliche Glaube war stark jenseitsbezogen. Die Christen sahen ihr Verweilen auf der Erde als Durchgangsstation zur Erlösung oder Verdammnis. Das den Menschen vor dem Jüngsten Gericht auferlegte irdische Dasein galt als Strafe für den Sündenfall und als Bewährungsprobe für ein (plastisch vorgestelltes) ewiges Leben. Diese Vorstellungen halfen der Kirche bei der Vermittlung sittlicher Werte. Die Entwicklung einer individuellen Ethik verband sich mit der Lehre vom Fegefeuer (Purgatorium). Sie spielte vor allem seit dem 13. Jahrhundert eine wichtige Rolle in der mittelalterlichen Vorstellungswelt. Die Erwartung einer zeitlich begrenzten reinigenden Strafe im Purgatorium löste zwar auch Angst aus, vermittelte dem „normal“ sündigen Menschen aber zugleich auch die tröstende Hoffnung auf seine mögliche Teilhabe am Paradies. Durch eigene religiöse Leistungen und durch die Fürbitte der Le ben den für die Toten konnte man den Verstorbenen und sich selbst die Zeit im Fegefeuer verkürzen. Trotz der Mühseligkeiten des irdischen Lebens empfand der Mensch seine Existenz als sinnvoll (u M1). Entsprechend dem biblischen Lob des Schöpfers „Alles hast du nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet“ erschien die Welt als von Gottes Hand nach Maß und Zahl durchgestaltet. Die Erde betrachtete man als den ruhenden Mittelpunkt der Welt, das umgebende Weltall als ein System schalenförmig angeordneter konzentrischer Sphären, deren äußerste den Wohnort der Engel und Seligen bildete. Zahlen besaßen allegorische Bedeutung, z. B. galt die 10 als Ausdruck der Vollkommenheit und wurde auf Gott bezogen. Internettipp: Zu Elisabeth von Thüringen siehe Code 4663-04 Nu r z ur P üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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