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83Die Bedeutung der Städte nimmt zu Unter-, Mittelund Oberschicht Männer und Frauen hatten ungleiche Rechte, obwohl beide Geschlechter fest in das Wirtschaftsleben der Städte eingebunden waren (u M3). Auffallend waren die großen Besitzund Einkommensunterschiede. Die verschwindend kleine Minderheit der Patrizier bildete die reiche städtische Oberschicht. Zur wohlhabenden Mittelschicht gehörten vor allem Handwerksmeister, weniger vermögende Kaufl eute und Beamte. Die große Masse der Kleinhändler oder Krämer, der Gesellen, Lehrlinge, Dienstboten, Tagelöhner, Mägde und Knechte zählte zur Unterschicht. Sie umfasste in manchen Städten zwei Drittel der Bewohner (u M4). Sie waren keine Bürger, sondern nur Einwohner ohne politischen Rechte. Bürger konnte nur sein oder werden, wer ausreichenden Besitz hatte, ihn erwerben oder erheiraten konnte. Randgruppen Die drei Schichten grenzten sich scharf von den städtischen Randgruppen ab, die in der Stadt lediglich geduldet wurden. Zu ihnen gehörten alle, die keinen festen Wohnsitz hatten, wie Zigeuner, Bettler, Gaukler, Schausteller und Hausierer, außerdem die aufgrund ihrer „unehrlichen“ Berufe verachteten Dirnen, Büttel und Totengräber sowie unehelich geborene Frauen und Männer. Blinde, Leprakranke und Schwachsinnige waren von der Gesellschaft ausgeschlossen. Unterschiedliche Lebensstile Soziale Schichtung, Vermögensund Machtverhältnisse in der Stadt spiegelten sich in den Wohnverhältnissen. Zwischen den komfortablen Bürgerhäusern der Patrizier und reichen Handwerksmeister und ihrem Lebensstil einerseits und den kärglichen Behausungen der Unterschicht andererseits lagen schon rein äußerlich Welten. Gewöhnlich lagen ihre Wohnungen in klar voneinander getrennten Straßenzügen oder Vierteln. In manchen Städten sicherten die Reichen aus Angst vor Aufruhr und Plünderung den Zugang zu ihren Wohngegenden durch eiserne Ketten. Die Stadt als zentraler Ort Häufi ge Stadterweiterungen zeigen, dass im Mittelalter viele Menschen vom Land in die Stadt zogen. Sie war nicht nur für Zuzügler attraktiv, sondern prägte auch ihre Umgebung: Indem sie landwirtschaftliche Produkte abnahm und Güter aus handwerklicher und gewerblicher Produktion lieferte, war sie Umschlagplatz und Motor für wirtschaftlichen Aufschwung auch auf dem Land. Die Stadt beeinfl usste ihr Umfeld religiös und kulturell, manchmal sogar politisch. In ihr standen die großen Kirchen, und wenn die Stadt Bischofssitz war, wurde von ihr aus die gesamte Diözese verwaltet und betreut. Wer Bildung suchte, fand sie außerhalb von Klosterschulen nur hier. Viele Städte waren Sitz eines hohen Herrn oder seines Stellvertreters, der von hier aus das Umland verwaltete. Manche deutsche Reichsstadt oder italienische Kommune konnte um ihre Mauern herum ein beträchtliches Territorium erwerben und beherrschen. Immer mehr Landbewohner nahmen sich den Lebensstil reicher Städter zum Vorbild, sofern sie es sich leisten konnten. Dass die Städte so zu Zentralorten ihrer Region wurden, zeigt bereits ihr Aussehen. Auch wenn dort bis ins Spätmittelalter viele Gebäude noch aus Holz errichtet wurden, nur die Patrizier: In Anlehnung an die Führungsschicht der Römer wurden die angesehenen und reichen Familien in den mittelalterlichen Städten ebenfalls Patrizier (lat. patres: Väter) genannt. Sie stellten zunächst allein die Mitglieder des Stadtrates. i Zusammensetzung der städtischen Bevölkerung. Grafi k aus: Ernst Bruckmüller und Peter Claus Hartmann (Hrsg.), Putzger, Historischer Weltatlas, Berlin 1032001, S. 69 i Die Unterschichten in einigen Städten. Nach: Das europäische Geschichtsbuch. Von den Anfängen bis heute. Eine europäische Initiative von Frédéric Delouche, Stuttgart 42001, S. 171 Jahr Stadt Einwohner Unterschicht 1380 Lübeck ca. 22 000 42 % 1428 Frankfurt ca. 10 000 70 % 1440 Straßburg ca. 18 000 29 % 1444 Basel ca. 10 000 27 % 1475 Augsburg ca. 18 000 66 % Randgruppen Unterschicht Mittelschicht Oberschicht Patrizier (reiche Fernhandelskaufleute und Ministeriale) städt. Beamte, Gewerbetreibende, Handwerker, Ackerbürger Kleinhändler, Handwerksgesellen, Lehrlinge, Tagelöhner, Dienstboten Hausierer, Schausteller, Frauen und Männer unehelicher Herkunft, Bettler sonstige reiche Stadtbewohner (Kaufleute) Nu r z ur P rü fzw ec ke n Ei ge nt um d s C .C . B uc hn er V er la gs | |
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