Volltext anzeigen | |
Mascha Kaléko Ansprache eines Bücherwurms Der Kakerlak nährt sich vom Mist, Die Motte frißt1 gern Tücher, Ja selbst der Wurm ist, was er ißt. Und ich, ich fresse Bücher. Ob Prosa oder Poesie, Ob Mord – ob Heldentaten – Ich schmause und genieße sie Wie einen Gänsebraten. Ich bin ein sehr belesner Herr, Nicht wie die andern Viecher! Daß Bücher bilden, wißt auch ihr Und ich – ich fresse Bücher. Die Nahrung, sie behagt mir wohl, Verleiht mir Grips und Stärke. Was andern Wurst mit Sauerkohl, Das sind mir Goethes Werke. Ich fraß mich durch die Literatur So mancher Bibliotheken; Doch warn das meiste, glaubt es nur, Bloß elende Scharteken2. Das Bücherfressen macht gescheit. So denken sich’s die Schlauen. Doch wer zu viel frißt, hat nicht Zeit, Es richtig zu verdauen. Drum lest mit Maß, doch lest genug, Dann wird’s euch wohl ergehen. Bloß Bücher fressen macht nicht klug! Man muß sie auch verstehen. 175Umgang mit Texten und Medien: Gedichte untersuchen In meiner Welt 6. Das folgende Gedicht von Mascha Kaléko beschäftigt sich mit einer besonderen Sorte von Bücherfreunden. Lerne es auswendig und trage es vor. Für den Vortrag ist es wichtig, dass du zuerst die regelmäßige Betonung anhand des Metrums erarbeitest und anschließend die freie Betonung für den Vortrag. 2 die Scharteke: altes, wertloses Buch, Schmöker 1 gesamter Text in alter Rechtschreibung 5 10 15 20 25 Nu r z P rü fzw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |