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Artikel 11: Die freie Mitteilung der Gedanken und Meinungen ist eines der kostbarsten Menschenrechte. Jeder Bürger kann also frei schreiben, reden, drucken unter Vorbehalt der Verantwortlichkeit für den Missbrauch dieser Freiheit in den durch Gesetz bestimmten Fällen. [...] Artikel 13: Für den Unterhalt der Streitmacht und für die Kosten der Verwaltung ist eine allgemeine Abgabe unumgänglich. Sie muss gleichermaßen auf alle Bürger unter Berücksichtigung ihrer Vermögensumstände verteilt werden. Artikel 14: Alle Bürger haben das Recht, selbst oder durch ihre Abgeordneten die Notwendigkeit der öffentlichen Abgabe festzustellen, sie frei zu bewilligen, ihre Verwendung zu überprüfen und ihre Höhe, ihre Veranlagung, ihre Eintreibung und Dauer zu bestimmen. [...] Artikel 16: Eine Gesellschaft, in der die Verbürgung der Rechte nicht gesichert und die Gewaltenteilung nicht festgelegt ist, hat keine Verfassung. Artikel 17: Da das Eigentum ein unverletzliches und heiliges Recht ist, kann es niemandem genommen werden, wenn es nicht die gesetzlich festgelegte, öffentliche Notwendigkeit augenscheinlich erfordert und unter der Bedingung einer gerechten und vorherigen Entschädigung. Ute Gerhard, Menschenrechte – Frauenrechte 1789, in: Viktoria Schmidt Linsenhof (Hrsg.), Sklavin oder Bürgerin? Französische Revolution und Neue Weiblichkeit, Frankfurt am Main 1989, S. 68 72 1. Bestimmen Sie die Funktion der Einleitung (Präambel) der „Erklärung der Menschenund Bürgerrechte“. 2. Arbeiten Sie aus der Erklärung die bestehenden Missstände heraus. Erläutern Sie, wie diese überwunden werden sollen. M6 Über die Zulassung der Frauen zum Bürgerrecht Der aus einer alten Adelsfamilie stammende Mathematiker und Philosoph Jean Antoine de Condorcet verfasst zahlreiche Artikel für die „Encyclopédie“, ein Hauptwerk der französischen Aufklärung, das zwischen 1751 und 1772 in 28 Bänden erscheint. 1789 solidarisiert er sich mit den Forderungen des Dritten Standes und beteiligt sich an der Diskussion um die Bürger und Menschenrechte (M5). 1789 schreibt er im „Journal de la Société“: Die Menschen können sich an die Verletzung ihrer naturgegebenen Rechte so gewöhnen, dass unter denen, die sie verloren haben, keiner daran denkt, sie zurückzufordern, und nicht glaubt, ein Unrecht erlitten zu haben. Einige dieser Verletzungen sind sogar den Philosophen und Gesetzgebern entgangen, als sie sich mit dem größten Eifer damit befassten, die Grundrechte der einzelnen Glieder des Menschengeschlechts zu etablieren, die sie zur alleinigen Grundlage ihrer politischen Institutionen machten. Haben sie z. B. nicht alle das Gleichheitsprinzip der Rechte verletzt, indem sie ganz einfach die Hälfte des Menschengeschlechts des Rechts beraubten, an der Gesetzgebung teilzunehmen, indem sie die Frauen vom Bürgerrecht ausschlossen? Gibt es einen stärkeren Beweis für die Macht der Gewohnheit selbst über aufgeklärte Menschen, als denjenigen, dass man sich auf das Gleichheitsprinzip der Rechte da beruft, wo drei oder vierhundert Männer durch ein absurdes Vorurteil dessen beraubt werden, dort jedoch schweigt, wo es sich um zwölf Millionen Frauen handelt? Um zu widerlegen, dass dieser Ausschluss ein Akt der Tyrannei ist, müsste man entweder beweisen, dass die natürlichen Rechte der Frauen nicht unbedingt die gleichen sind wie die der Männer, oder dass sie nicht fähig sind, sie auszuüben. […] Da nun die Frauen die gleichen Fähigkeiten aufweisen, haben sie notwendigerweise auch die gleichen Rechte. Entweder hat kein Glied des Menschengeschlechts wirkliche Rechte, oder sie haben alle die gleichen, und derjenige, der gegen das Recht eines anderen stimmt, mag er auch einer anderen Religion, einer anderen Hautfarbe oder dem anderen Geschlecht angehören, hat damit seine Rechte verwirkt. Es dürfte schwer sein zu beweisen, dass Frauen unfähig sind, das Bürgerrecht auszuüben. Warum sollte eine Gruppe von Menschen, weil sie schwanger werden können und sich vorübergehend unwohl fühlen, nicht Rechte ausüben, die man denjenigen niemals vorenthalten würde, die jeden Winter unter Gicht leiden und sich leicht erkälten? Über die Gleichheit der Rechte aller Männer in unserer neuen Verfassung hat es erhabene Reden und unendlich viele Witzeleien gegeben; aber bis heute hat noch niemand einen einzigen Grund dagegen vorbringen können. Und das liegt sicher weder an mangelndem Talent noch an mangelndem Eifer. Ich möchte glauben, dass es mit der Gleichheit der Rechte zwischen den beiden Geschlechtern genauso sein wird. Es ist einzigartig genug, dass man in vielen Ländern Frauen für unfähig gehalten hat, ein öffentliches Amt zu bekleiden, nicht aber, den Königsthron zu besteigen; dass in Frankreich eine Frau Regentin, aber bis 1776 in Paris nicht Modehändlerin sein konnte. Hannelore Schröder (Hrsg.), Die Frau ist frei geboren. Texte zur Frauenemanzipation, Bd. 1: 1789 1879, München 1979, S. 55 f. und 62 f. 1. Analysieren Sie die Ausführungen Condorcets. 2. Erarbeiten Sie politische Forderungen aus seinen Überlegungen. 3. Beurteilen Sie Condorcets Ausführungen aus der Sicht von Frauen. 60 65 70 75 10 15 20 25 30 35 40 45 5 47Wandel des Denkens durch die Aufklärung Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um d es C .C .B uc h er V rla gs | |
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