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zum Dritten Stand. […] Der Dritte Stand hat also keinerlei politische Rechte. […] Was verlangt der Dritte Stand? Etwas zu werden. […] Man kann die wirklichen Forderungen des Dritten Standes nur nach den authentischen Beschwerden beurteilen, welche die großen Stadtgemeinschaften (municipalités) des Königreichs an die Regierung gerichtet haben. Was sieht man da? Dass das Volk etwas sein will, und zwar nur das Wenigste, was es sein kann. Es will haben 1. echte Vertreter auf den Generalständen, das heißt Abgeordnete, die aus seinem Stand kommen und die fähig sind, die Interpreten seines Willens und die Verteidiger seiner Interessen zu sein. Was nützte es ihm, an den Generalständen teilzunehmen, wenn das dem seinen Interessen entgegengesetzte Interesse dort dominierte? Es würde durch seine Anwesenheit die Unterdrückung, deren ewiges Opfer es wäre, nur bestätigen. So ist es ziemlich sicher, dass es an Abstimmungen auf den Generalständen nur teilnehmen kann, wenn es dort einen Einfl uss erhält, der dem der Privilegierten wenigstens gleich ist. Es verlangt weiter 2. eine Zahl von Vertretern, die derjenigen ebenbürtig ist, welche die beiden anderen Stände zusammen besitzen. Diese Gleichheit der Vertretung wäre indessen völlig illusorisch, wenn jede Kammer eine eigene Stimme besäße. Der Dritte Stand verlangt deshalb 3., dass die Stimmen nach Köpfen und nicht nach Ständen gezählt werden. Emmanuel Joseph Sieyès, Politische Schriften 1788 1790, übersetzt und herausgegeben von Eberhard Schmitt und Rolf Reichardt, München 21981, S. 119 ff. 1. Arbeiten Sie die Argumente heraus, mit denen Sieyès die Berechtigung der bestehenden Gesellschaftsordnung bestreitet. Wodurch erhofft er sich eine angemessene Gleichstellung des Dritten Standes? 2. Nehmen Sie Stellung zum Begriff der „Nation“ und der Bedeutung, die Sieyès ihr beimisst. M2 Von den „Generalständen“ zur „Nationalversammlung“ Am 17. Juni 1789 erklären sich die Männer des Dritten Standes, dem sich inzwischen auch 19 geistliche Abgeordnete angeschlossen haben, mit 490 gegen 90 Stimmen zur Nationalversammlung (Assemblée nationale): Die Versammlung erklärt [...], dass das gemeinsame Werk der nationalen Neuordnung unverzüglich von den anwesenden Abgeordneten in Angriff genommen werden kann und muss und dass diese sich ihm ohne Unterbrechung und Behinderung widmen sollen. Die Bezeichnung Nationalversammlung ist die einzige, welche bei der gegenwärtigen Lage der Dinge der Versammlung zukommt, • erstens, weil ihre Mitglieder die einzigen öffentlich und gesetzlich anerkannten sind; • zweitens, weil sie auf direktem Wege von der überwiegenden Mehrheit der Nation entsandt sind; • drittens schließlich, weil bei der einen und unteilbaren Natur der Volksvertretung kein Abgeordneter, innerhalb welches Standes oder welcher Klasse er auch gewählt sei, das Recht hat, seine Funktion losgelöst von der gegenwärtigen Versammlung auszuüben. Die Versammlung wird die Hoffnung nie aufgeben, alle heute noch abwesenden Abgeordneten in ihrem Kreise versammelt zu sehen; sie wird nicht müde werden, sie zur Erfüllung der ihnen auferlegten Verpfl ichtung, an der Abhaltung der Generalstände mitzuwirken, zu ermahnen. Walter Grab (Hrsg.), Die Französische Revolution. Eine Dokumentation, München 1973, S. 31 1. Erläutern Sie die Argumente der Nationalversammlung. 2. Der Historiker Eberhard Schmitt bezeichnete 1976 den „Ballhausschwur“ als den ersten revolutionären Akt des Jahres 1789. Nennen Sie mögliche Gründe für seine Bewertung. Berücksichtigen Sie M1. i Der Schwur im Ballhaus. Lavierte Federzeichnung (66 x 101 cm) von Jacques Louis David, September 1791. David hatte vom Jakobinerklub den Auftrag erhalten, von dem „Ballhausschwur“ ein großes Wandgemälde für den Sitzungssaal der Nationalversammlung anzufertigen. Es wurde nie gemalt. Im Vordergrund: Die Verbrüderung eines katholischen Mönches mit einem protestantischen Pfarrer und einem Weltgeistlichen. p Analysieren Sie, mit welchen Mitteln David die besondere Bedeutung des Ereignisses herausstellt. 50 55 60 65 70 5 10 15 20 73Moderne Nationsvorstellungen seit der Französischen Revolution Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn r V er la gs | |
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