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105 5 5 10 5 10 15 Q3 Informationen über den Massenmord Friedrich Kellner, ein Beamter aus dem hessischen Laubach, hält in seinem Tagebuch am 28. Oktober 1941 fest: Ein in Urlaub befi ndlicher Soldat berichtet als Augenzeuge fürchterliche Grausamkeiten in dem besetzten Gebiet in Polen. Er hat gesehen, wie nackte Juden u. Jüdinnen, die vor einem langen, tiefen Graben aufgestellt wurden, auf Befehl der SS von Ukrainern in den Hinterkopf geschossen wurden u. in den Graben fielen. Der Graben wurde dann zugeschaufelt. Aus den Gräben drangen oft noch Schreie!! Friedrich Kellner: „Vernebelt, verdunkelt sind alle Hirne“. Tagebücher 1939-1945, Bd. 1, Göttingen 2011, S. 191 f. Q4 Das Wissen der Opfer Der Arzt und Historiker Georges Wellers ist seit 1941 in verschiedenen französischen Lagern interniert, bleibt aber als jüdischer Ehepartner einer sogenannten „Mischehe“ zunächst von der Deportation verschont. Nach dem Krieg erklärt er: Es mag erstaunlich scheinen, aber bis zum Schluss wussten wir im Lager so gut wie nichts über das Schicksal der Deportierten. Wir wussten, dass Radio London über die Schrecken der Gaskammern und anderer Methoden der Vernichtung von Juden berichtete, aber wir konnten es nicht glauben. Wir hielten diese Dinge für Übertreibungen der englischen Propaganda und schenkten ihnen keine große Beachtung. Zitiert nach: Ahlrich Meyer: Das Wissen um Auschwitz. Täter und Opfer der „Endlösung“ in Westeuropa, Paderborn 2010, S. 158 Q5 Das Schweigen einer Lehrerin Eine 1943 in die Stadt Auschwitz versetzte deutsche Lehrerin beschreibt in ihren Erinnerungen die Hemmungen, die Informationen über die Geschehnisse im Vernichtungslager weiterzugeben: Es erschien mir immer als unangezweifelte Selbstverständlichkeit, den Mitteilungsdrang zu beherrschen und zu schweigen, da ich nichts, aber auch gar nichts daran ändern konnte. Irgendwann einmal musste die Wahrheit ja herauskommen, irgendwann einmal die Missetaten gesühnt werden. Nur jetzt, während des Krieges – jetzt –, wo alles auf dem Spiel stand, wo alles davon abhing, dass die Front und die Heimat durchhielten, durfte das Bild der Führung nicht beschmutzt, nicht der Kampfgeist geschwächt werden. Es ging ja um Deutschland! Nur jetzt nichts sagen. Nichts davon würde ich meinem Bruder, nichts den Freunden schreiben, die die schwersten Kämpfe zu bestehen hatten. […] Ein Weitererzählen hätte damals nur noch mehr Leute unglücklich gemacht, sie in größte Gefahr gebracht. Zitiert nach: Norbert Frei: 1945 und wir. Das Dritte Reich im Bewusstsein der Deutschen, München 2005, S. 158 1. Rechtsradikale vertreten auch heute noch die Behauptung, Hitler habe von den Massenmorden an Juden nichts gewusst. Wie kannst du solche Ansichten widerlegen (Q2)? 2. Überlege, auf welche Weise sich Deutsche im „Dritten Reich“ über das Schicksal ihrer deportierten jüdischen Mitbürger informieren konnten (Verfassertext, Q3). 3. Erkläre, weshalb selbst Juden den BBC-Meldungen über Massenvernichtungen in deutschen Lagern keinen Glauben schenken wollten (Q4). 4. Bewerte die Gründe, die die Lehrerin in Q5 anführt, ihr Wissen über den Holocaust für sich zu behalten. Q2 Eine öffentliche Drohung Hitlers Prophezeiung vom 30. Januar 1939 hing in verzierter Form in vielen Privatwohnungen und Amtsstuben. Als hübsch gestaltetes Schmuckblatt diente sie der NSDAP auch als Parole für die Woche vom 7. bis 13. September 1941. Lesetipps: John Boyne: Der Junge im gestreiften Pyjama, Frankfurt a. M. 232009 Auch als Hörbuch und Film erhältlich. (Fabel, die auf erschütternde Weise die nationalsozialistischen Verbrechen aus der Sicht eines kleinen Kindes anklagt und darüber nachdenken lässt, wie viel die Menschen in dieser Zeit von den Vorgängen in den Konzentrationslagern wissen konnten) Maren Gottschalk: Schluss. Jetzt werde ich etwas tun. Die Lebensgeschichte der Sophie Scholl, Weinheim und Basel 2012 (Biografi e, die den Weg eines überzeugten BDMMädchens zur Widerstandskämpferin nachzeichnet) Moja Simons: Ein Flüstern in der Nacht, München 2012 (Einfühlsamer Roman über zehn Lebensjahre der Jüdin Rachel, die den Holocaust nur überlebt, weil eine deutsche Familie weiß, was ihr passiert, wenn sie dieses Kind nicht versteckt) 30003_1_1_2015_060_123_kap02.indd 105 05.02.15 07:54 Nu r z u P üf z ck en Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V rla gs | |
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