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Das Ende des Kalten Krieges – Ergebnis des militärischen Niederrüstens? M2 Die Attraktivität des Westens Hat der Westen den Sieg im Kalten Krieg davongetragen? Historiker und Politologen widersprechen solchen Auffassungen, wie sie etwa von Zbigniew Brzezin´ski vertreten werden. a) Archie Brown, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Oxford, kommentiert: Die Beerdigung des Kalten Kriegs war ein Sieg des Westens in dem Sinn, dass demokratische politische Systeme sich als attraktiver als die eigenen politischen Systeme für die Bürger des kommunistischen Europas erwiesen und dass sich die Marktwirtschaften als effi zienter als die Planwirtschaften nach Sowjetstil herausgestellt hatten. Das ist etwas gänzlich anderes als die populäre Übervereinfachung, dass es der Druck der Reagan-Regierung oder die amerikanische Waffenüberlegenheit war, welche die sowjetische Führung in die Situation brachte, nichts anderes als die Niederlage einzugestehen. […] Während Gorbatchov eventuell gute persönliche Beziehungen mit Reagan und Bush pfl egte, war er ideell mehr mit europäischen sozialdemokratischen Staatmännern wie Brandt (obwohl er während der Perestroijka-Periode nicht mehr deutscher Bundeskanzler war) und González1 verbunden. […] Obwohl wir eine Grenze der Entwicklung von Gorbatchovs Ansichten in eine bestimme Richtung erkennen müssen, war diese Richtung sozialdemokratisch, eine Fusion liberaler und sozialistischer Traditionen. b) Und John W. Young, Professor für internationale Geschichte an der Universität Nottingham/Großbritannien, äußert sich folgendermaßen: Wenn der Zusammenbruch des Sowjet-Systems als Ergebnis eines langzeitigen Versagens des Kommunismus gegenüber der freien Marktwirtschaft gesehen werden kann, dann war der Erfolg der Westeuropäer durch den Aufbau stabiler, blühender demokratischer Systeme, die ökonomischen Erfolg mit sozialer Gerechtigkeit verbanden, eine wichtige Komponente des Siegs des Westens im Kalten Krieg. Die Tagesordnung der NATO im Helsinki-Prozess wurde tatsächlich eingelöst. Die Sowjets mögen Anerkennung für ihre territorialen Nachkriegsgrenzen erzielt haben, aber nur auf Kosten, westliche Güter und Ideen in einem zunehmend altersschwachen marxistischen System zu erlauben. Für die Satelliten-Staaten Osteuropas stellten die Freiheit und der Reichtum der westeuropäischen Nachbarn einen Magnet dar, der diese von Moskau wegzog und die Fundamente des Systems unterspülte, das in den späten 1989’n so spektakulär auseinanderbrach. […] Es war auch bedeutsam, dass dieses elastische System [Westeuropas] sich an der Haustür der Sowjetunion befand. Von hier aus konnten die Westeuropäer ihre Kredite an Osteuropa gewähren, Druck auf die Respektierung von Menschenrechten ausüben und Gorbatchovs Glasnost-Politik nutzen. […] Der entscheidende Beitrag für das Ende des Kalten Kriegs zu freiheitlichen Bedingungen war die Demonstration, dass die Vorteile einer Marktwirtschaft mit politischer Demokratie, Wohlfahrtsmaßnahmen und sozialer Gerechtigkeit verbunden werden konnten. Erster Text: Archie Brown, The Gorbatchev revolution and the end of the Cold War, in: Melvyn P. Leffl er; Odd Arne Westad (Hrsg.), The Cambridge History of the Cold War, Vol. III, Cambridge 2010, S. 244 266, hier S. 264 f. (übersetzt von Rolf Schulte) Zweiter Text: John W. Young, Western Europe and the end of the Cold War, 1979 1989, in: ebenda, S. 289 310, hier S. 289 ff., 309 f. (übersetzt von Rolf Schulte) 1. Zeigen Sie anhand von M1 und M2 die Kontroverse mit ihren jeweiligen Begründungen auf. 2. Überprüfen Sie die Stellungnahmen in M1 und M2 anhand der Informationen im Darstellungstext auf den Seiten 198 199 (Sachurteil). 3. Das Ende des Kalten Krieges – Ergebnis militärischen Niederrüstens der Sowjetunion? Nehmen Sie Stellung. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 1 Felipe González: sozialdemokratischer Ministerpräsident Spaniens von 1982 bis 1996 203 iHandschlag zwischen Ost und West. Foto vom 19. November 1985. Der sowjetische Parteichef Michail Gorbatschow (links) und US Präsident Ronald Reagan begegnen sich im November 1985 bei der ersten ihrer fünf Gipfelkonferenzen. Nu r z u Pr üf zw ck en Ei g tu m d es C .C .B uc h er V er la gs | |
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