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240 Die Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland und Europa Genauere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Nationalsozialisten die Arbeitslosenzahlen schönten, indem sie nicht alle Arbeitssuchenden in der offi ziellen Statistik aufführten. Unter anderem entzogen sie bestimmten Berufsgruppen ihren Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung. Obwohl arbeitslos, wurden diese dann ab 1933 von der offi ziellen Zählung ausgeklammert. Bereits vor der „Machtergreifung“ hatten viele Wirtschaftsdaten einen positiven Trend signalisiert. Als Hitler die Regierung übernahm, war der Tiefpunkt der Weltwirtschaftskrise schon überwunden. Die ersten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Nationalsozialisten führten nur fort, was bereits von den vorigen Regierungen eingeleitet worden war. Die Regierung Hitler schrieb den Rückgang der Arbeitslosigkeit in der Folge jedoch allein ihrer Politik zu und schlachtete die vermeintlich schnellen Erfolge propagandistisch aus. Soziale Errungenschaften? Hitler versprach den „Aufbau des sozialen Volksstaates“, in dem „alle Staatsbürger die gleichen Rechte und Pfl ichten besitzen“ sollten. Zwar waren die innerbetrieblichen Mitbestimmungsrechte durch die Zwangsvereinigung der Arbeitnehmerverbände in die Deutsche Arbeitsfront entfallen, auf der anderen Seite erhielt die „Gefolgschaft“ durch eine moderne Absicherung mehr, als die Gewerkschaften bis 1933 erstritten hatten: Gewährung von Kündigungsschutz, Verlängerung des bezahlten Urlaubs (von drei auf sechs bis zwölf Tage), verbesserte Sozialleistungen der Unternehmen. Als fortschrittlich empfundene Neuerungen verwirklichte die DAF auch aus den Geldern der enteigneten Gewerkschaften. Ihre Unterorganisation Kraft durch Freude (KdF) wollte das Arbeitsleben in vielerlei Hinsicht angenehmer gestalten. Belegschaftsräume in den Betrieben wurden verbessert, Kantinenessen, Filme und Theatervorstellungen konnten verbilligt angeboten werden. Für den Massentourismus bereitgestellte Erholungsmöglichkeiten, Sonderzug-, sogar Schiffsreisen verwirklichten lang gehegte Urlaubsträume – vor allem jedoch für verdiente Parteigenossen, zu einem geringen Teil auch für Arbeiter. Der von einem der DAF gehörenden Werk gebaute Volkswagen* sollte zum Preis von 990 Reichsmark auch für den „kleinen Mann“ erschwinglich sein. Sozialpolitisch führte die NS-Regierung zum Teil Errungenschaften der Weimarer Zeit wie die Arbeitslosenversicherung weiter, setzte aber auch neue Schwerpunkte. Zu den wichtigsten Einrichtungen gehörte die Parteiorganisation Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV), die in der Armenfürsorge, der Jugendhilfe und der Mutter-undKind-Betreuung tätig war. Hinzu kam das im Herbst 1933 gegründete Winterhilfswerk des Deutschen Volkes (WHW), das sich durch Haus-, Straßenund Betriebssammlungen sowie seit Herbst 1937 durch Zwangsabzüge von Löhnen und Gehältern fi nanzierte und Sachmittel an bedürftige Haushalte verteilte. Unterstützt wurden nur „rassisch wertvolle“ und vorübergehend in Not geratene Menschen; „Nichtarier“, „Asoziale“ und andere „Gemeinschaftsfremde“ blieben von vornherein ausgeschlossen. Die nationalsozialistische Sozial* Vgl. dazu das Werbeplakat auf S. 227. i Propagandaplakat von 1934. Die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) war eine der größten und populärsten NS-Massenorganisationen und neben der Arbeitsbeschaffung wichtigste Grundlage der nationalsozialistischen Arbeitsund Sozialpolitik. Die als Verein gegründete Einrichtung dehnte ihre Zuständigkeit auf nahezu alle freien, staatlichen und kirchlichen Bereiche der Wohlfahrtspfl ege aus. 1943 gehörten ihr 17 Millionen Mitglieder an. p Analysieren Sie, inwiefern das Plakat der nationalsozialistischen Gesellschaftsideologie entspricht. Nutzen Sie den MethodenBaustein auf Seite 213 215. p Erörtern Sie, warum die Nationalsozialisten in besonderem Maße sozialpolitische Maßnahmen propagierten. 4677_1_1_2015_218-275_Kap7.indd 240 17.07.15 12:07 Nu r z u Pr üf zw ck n Ei ge nt um d es C .C .B uc h e V er la gs | |
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