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458 Internationale Friedensordnung nach dem Ersten Weltkrieg tete, der uns wehrlos machte. (Zurufe.) Nach dem Zusammenbruch unserer Verbündeten und angesichts der militärischen und wirtschaftlichen Lage konnte sie nicht anders handeln. (Sehr richtig! links.) Die Revolution lehnt die Verantwortung ab für das Elend, in das die verfehlte Politik der alten Gewalten und der leichtfertige Übermut der Militaristen das deutsche Volk gestürzt haben. (Sehr wahr! links.) […] Niederlage und Lebensmittelnot haben uns den gegnerischen Mächten ausgeliefert. Aber nicht nur uns, auch unsere Gegner hat der Krieg ungeheuer erschöpft. Aus dem Gefühl der Erschöpfung bei unseren Gegnern entspringt ihr Bestreben, sich schadlos zu halten am deutschen Volke, wird der Ausbeutungsgedanke in das Friedenswerk hineingetragen. Diese Racheund Vergewaltigungspläne fordern den schärfsten Protest heraus. (Bravo!) Das deutsche Volk kann nicht auf 20, 40 oder 60 Jahre zum Lohnsklaven anderer Länder gemacht werden. Das furchtbare Unglück des Krieges für ganz Europa kann nur wieder gutgemacht werden durch Handinhandgehen der Völker. […] Aber man soll nicht diejenigen strafen, die selbst Opfer waren, Opfer des Krieges. Opfer unserer früheren Unfreiheit. […] Für Gerechtigkeit, Freiheit und einen Dauerfrieden haben unsere Gegner nach ihren feierlichen Proklamationen kämpfen wollen. Die Waffenstillstandsbedingungen aber sind bisher unerhört hart und schonungslos durchgeführt worden. […] Aus diesen Akten alter Gewaltpolitik spricht kein Geist der Versöhnlichkeit. (Lebhafte Zustimmung.) […] Man stelle uns nicht vor die verhängnisvolle Wahl zwischen Verhungern und Schmach. Auch eine sozialistische Volksregierung und gerade diese muss daran festhalten: Lieber ärgste Entbehrung als Entehrung. (Stürmischer Beifall.) […] Im Vertrauen auf die Grundsätze des Präsidenten Wilson hat Deutschland die Waffen niedergelegt. Jetzt gebe man uns den Wilson-Frieden, auf den wir Anspruch haben. (Bravo!) Unsere freie Volksrepublik, das ganze deutsche Volk erstrebt nichts anderes, als gleichberechtigt in den Bund der Völker einzutreten und sich dort durch Fleiß und Tüchtigkeit eine geachtete Stellung zu erwerben. (Bravo!) Zitiert nach: Walter Mühlhausen (Hrsg.), Friedrich Ebert. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit, Begleitband zur ständigen Ausstellung in der Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, Heidelberg 1999, S. 221 223 1. Analysieren Sie Eberts Rede im Hinblick auf seine Argumente, mit denen er einen „Wilson-Frieden“ fordert. Stellen Sie seine Argumente in einer Grafi k dar. 2. Gestalten Sie einen Zeitungsbericht über Eberts Rede, der sich auf die Erwartungen konzentriert, die Ebert in Bezug auf den Friedensvertrag und die künftige Rolle Deutschlands äußert. 3. Überprüfen Sie, ob Eberts Forderung nach einem „WilsonFrieden“ (Zeile 46) eine realistische Chance auf Verwirklichung hatte. 15 20 25 30 35 40 45 50 o Eröffnung der Nationalversammlung im Nationaltheater in Weimar am 6. Februar 1919. Zeitgenössische Postkarte. Am Rednerpult der Volksbeauftragte Friedrich Ebert (SPD), der am 11. Februar 1919 von der Nationalversammlung zum ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik gewählt wurde. 4677_1_1_2015_452-481_Kap13.indd 458 17.07.15 12:18 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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