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462 Internationale Friedensordnung nach dem Ersten Weltkrieg 5 10 15 20 M „Wehrlos ist aber nicht ehrlos!“ Reichskanzler Gustav Bauer (SPD), der Nachfolger Philipp Scheidemanns, fordert am 23. Juni 1919, wenige Stunden vor Ablauf des alliierten Ultimatums, die Nationalversammlung auf, den Friedensvertrag unterzeichnen zu lassen: Die Entente […] will uns das Schuldbekenntnis auf die Zungen zwingen […] es soll uns nichts, gar nichts erspart bleiben. Zur Verknechtung wollen uns die Feinde auch noch die Verachtung aufbürden! […] Hier wird ein besiegtes Volk an Leib und Seele vergewaltigt wie kein Volk je zuvor. […] Unterschreiben wir! Das ist der Vorschlag, den ich Ihnen, im Namen des gesamten Kabinetts, machen muss. Bedingungslos unterzeichnen! Ich will nichts beschönigen. Die Gründe, die uns zu diesem Vorschlag zwingen, sind dieselben wie gestern. Nur trennt uns jetzt eine Frist von knappen vier Stunden von der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten. Einen neuen Krieg könnten wir nicht verantworten, selbst wenn wir Waffen hätten. Wir sind wehrlos. Wehrlos ist aber nicht ehrlos! Gewiss, die Gegner wollen uns an die Ehre; daran ist kein Zweifel. Aber dass dieser Versuch der Ehrabschneidung einmal auf die Urheber selbst zurückfallen wird, dass es nicht unsere Ehre ist, die bei dieser Welttragödie zugrunde geht, das ist mein Glaube bis zum letzten Atemzug. Zitiert nach: Wolfgang Elben, Die Weimarer Republik, Frankfurt am Main 61975, S. 40 f. 1. Analysieren Sie, warum Reichskanzler Bauer die Annahme des Vertrages empfahl, obwohl er einige Bestimmungen als unannehmbar bezeichnete. 2. Entwerfen Sie als Antwort auf Bauer eine Rede aus der Perspektive eines Abgeordneten, der die Unterzeichnung des Vertrages kategorisch ablehnt. o „Nieder mit dem Gewaltfrieden!“ Foto vom Frühjahr 1919 aus dem Berliner Lustgarten. Am 8. Mai erlässt die Reichsregierung einen Aufruf gegen den „Gewaltfrieden von Versailles“. Daraufhin fi nden im ganzen Reich Massendemonstrationen statt. p Erläutern Sie den Begriff „Gewalt frieden“ und das Vorgehen der Reichsregierung. i „Versailles. Auch Sie haben noch ein Selbstbestimmungsrecht: wünschen Sie, daß Ihnen die Taschen vor oder nach dem Tode ausgeleert werden?“ Karikatur von Thomas Theodor Heine aus dem „Simplicissimus“ vom 3. Juni 1919. p Beschreiben Sie die Stimmung der deutschen Bevölkerung, die ausgedrückt werden soll. p Erläutern Sie, welche Rollen die dargestellten Personen (von links nach rechts: Wilson, Clemenceau, Lloyd George) einnehmen. 4677_1_1_2015_452-481_Kap13.indd 462 17.07.15 12:18 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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