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80 Vom Hochimperialismus zum ersten „modernen“ Krieg der Industriegesellschaft der Ukraine und Finnlands anerkennen sowie auf seine westlichen Randgebiete verzichten. Große deutsche Truppenmassen blieben trotz des Friedensvertrages zur politischen und militärischen Sicherung im Osten gebunden. Der militärische Zusammenbruch An einen deutschen Sieg war dennoch nicht mehr zu denken, zumal das Kräfteverhältnis immer ungleicher wurde. Bei Beginn der Frühjahrsoffensive waren 300 000 amerikanische Soldaten in Frankreich gelandet, ihre Zahl erhöhte sich bis Oktober auf 1,8 Millionen. Aus Furcht, gegnerischen Kräften könne ein Durchbruch an der Westfront gelingen, drängten Ludendorff und Hindenburg nach Wochen des Schwankens seit dem 29. September nachdrücklich und nervös auf das sofortige Angebot eines Waffenstillstandes. Die Erkenntnis, dass die Oberste Heeresleitung jetzt offenbar fest mit einer drohenden Niederlage rechnete, traf Politiker und Öffentlichkeit wie ein Schock. Am 4. Oktober beugte sich der neue Reichskanzler Prinz Max von Baden dem Drängen der Militärs und richtete an den amerikanischen Präsidenten ein Waffenstillstandsangebot. Verhandlungen aufgrund der 14 Punkte Wilsons schienen die beste Chance für einen Frieden zu bieten, der trotz der sich abzeichnenden Niederlage die Besiegten nicht zur totalen Kapitulation zwang. Mit Unterzeichnung des Waffenstillstandes am 11. November 1918 in einem Eisenbahnwaggon im Wald von Compiègne musste das Deutsche Reich dann allerdings die bedingungslose Kapitulation akzeptieren. Die Ablieferung großer Mengen von Kriegsmaterial und Transportmitteln machte die Wiederaufnahme der Kämpfe unmöglich. Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn war schon seit Oktober von innen her aufgelöst worden. Nach den Tschechen trennten sich auch Polen, Ukrainer, Rumänen und Südslawen vom Reich, Ungarn erklärte seine Selbstständigkeit. Während Österreich-Ungarn sich in „Nachfolgestaaten“ aufl öste, konnte die Türkei zumindest ihre staatliche Existenz bewahren. Körperlich und seelisch Versehrte In 52 Monaten hat der Erste Weltkrieg insgesamt etwa 17 Millionen Menschenleben gekostet, darunter sechs Millionen Soldaten der Entente, vier Millionen der Mittelmächte und sieben Millionen Zivilisten. Etwa 20 Millionen Menschen wurden im Krieg verwundet. Allein in Deutschland gab es bei Kriegsende rund 2,7 Millionen physisch und psychisch versehrte Kriegsteilnehmer. Kein Körperteil war von Waffeneinwirkungen verschont geblieben; die meisten Verwundungen gingen auf die wahllos einschlagenden Artilleriegeschosse zurück. Sie waren aber auch für seelische Verheerungen verantwortlich (u M4). Soldaten, die verschüttet wurden oder in ein Sperrfeuer gerieten, brachen oftmals nervlich zusammen und stellten nach dem Krieg ein Heer von sogenannten „Kriegsneurotikern“. Der Anblick von Entstellten und Verstümmelten mit Prothesen gehörte zum Alltag der Nachkriegszeit. Er erinnerte die Öffentlichkeit ständig daran, dass dieser Krieg kein edles, heldenhaftes Kräftemessen, sondern ein vierjähriges „Menschenschlachthaus“ war. Max von Baden (1867 1929): Großherzog von Baden, preußischer General und 1918 Reichskanzler i Künstliche Gliedmaßen. Für die zahlreichen Kriegsverletzten wurden neue Prothesen entwickelt, z. B. die „Sauerbruch-Hand“. 1. Fassen Sie die Gründe zusammen, die zur Niederlage des Deutschen Reiches führten. 2. Erläutern Sie den Einfl uss der Industrialisierung auf die Kriegsführung. 4677_1_1_2015_048-089_Kap2.indd 80 17.07.15 11:58 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d e C .C .B uc hn er V er la gs | |
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