Volltext anzeigen | |
Beil in kleinere Stücke. Gleich nachdem sie weggefahren waren, ging auch Lucy fort. Erst spät abends kam sie mit einem Korb voll frisch gepfl ückter Blütenköpfe zurück. Dies ging einige Tage so und während dieser Zeit beantwortete sie keine meiner Fragen, sprach nie ein Wort. Als der Boden in Alois’ leergeräumtem Atelier ganz mit Blütenstaub bedeckt war, schloss sie sich darin ein. In die schwere Eisentür, die in das Atelier führt, hatte Alois ein kleines Fenster eingebaut, damit Lucy sehen konnte, ob er malte oder in der zwischen den Kellersäulen aufgespannten Hängematte lag. Nur dann durt e sie zu ihm hineingehen. Durch dieses kleine runde Fenster aus Plexiglas habe ich Lucy immer wieder zugerufen. Anfangs habe ich ihr auch mit beiden Armen in der Lut zugewinkt, was ich aber bald aufgab, weil sie nie zum Fenster sah. Ich versuchte, sie mit allen möglichen Vorschlägen herauszulocken. Erst waren es Ausfl üge, dann Reisen in andere Länder. Zuletzt schilderte ich ihr den Plan einer Weltreise. Ich zeichnete die Route auf ein Papier und het ete es ans Fenster, damit sie es sehen und darüber nachdenken konnte. Am folgenden Morgen rief ich ihr zu: „Was ist, gehen wir?“ Sie regte sich nicht. Ich trat gegen die Tür, die sich auch nicht bewegte, als ich fl uchend dagegenrannte. Das Mutterbündel, das ich durch das kleine Fenster anstarrte, lag da und schwieg. Das winzige, kaum sichtbare Beben des Atems in ihrem Körper war das einzige Lebenszeichen. Ich bat sie, mir wenigstens ein Zeichen zu geben, dass sie mir zuhörte; sie rührte sich nicht. Schließlich drohte ich ihr mit eiserner Stimme, die Ärzte einer psychiatrischen Klinik zu holen und nach ihrer Einlieferung das Haus in Brand zu stecken. Sie blieb bewegungslos, stumm, mit dem Gesicht nach unten auf dem Laken. 110 115 120 125 130 1 Bearbeite die nachfolgenden Aufgaben und füge deine Ergebnisse in dein Portfolio (P S. 101) ein. (A) Untersuche die Bildlichkeit innerhalb des zweiten Auszugs (S. 104). k Erläutere mithilfe der Bilder in dem Textausschnitt die Erfahrungen und Eindrücke, die die Ich-Erzählerin macht. k Ersetze ausgewählte Bilder des Textauszugs gezielt durch andere und beschreibe die Veränderung, die sich daraus für den Text ergibt. (B) Untersuche die Zeitgestaltung. Der Text gibt die Erinnerungen der Ich-Erzählerin an die Vergangenheit wieder. Ihre Rückblenden beziehen sich auf die Kindheit, auf die Jugend und auf den Aufenthalt bei der Mutter in Südeuropa. k Markiere die Erinnerungen an die jeweiligen Phasen der Vergangenheit in unterschiedlichen Farben. k Wähle für die Erinnerung an die Kindheit und den Aufenthalt bei der Mutter in Südeuropa jeweils eine exemplarische Passage aus. k Kläre den Zusammenhang, in dem diese Rückblenden zur Textumgebung stehen, und erläutere deren Funktion: Welche Phase der Vergangenheit ist für Jo jeweils besonders bedeutsam? Warum ist sie es? 107Ein Leseportfolio zu einem Roman anlegen N u r zu P rü fz w c k e n E ig e n tu m e s C .C . B c h n e r V e rl a g s | |
« | » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |