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Obwohl Zoë Jenny den Verdacht von sich weist, einen rein autobiographischen Roman geschrieben zu haben, war „Das Blütenstaubzimmer“ doch „vielleicht auch ein Befreiungsschlag“. Nachdenklich spricht sie von der nie endenden „Sehnsucht nach Geborgenheit“ der Scheidungskinder und von den „Leerstellen“, die die nicht eingelösten Hof nungen auf elterliche Wärme hinterlassen. Von selbstsüchtigen Eltern, „die uns hingestellt haben und weggegangen sind.“ Der ungezügelten Jagd der 68er Generation nach Selbstverwirklichung erteilt sie eine bittere Absage: „Wenn man Kinder hat, dann ist es verantwortungslos, wenn man nur an die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse denkt.“ Zugleich zweifelt sie aber auch an der intellektuellen Ehrlichkeit und Mündigkeit ihrer Altersgenossen. „Ich glaube nicht, dass meine Generation sehr viel darüber nachdenkt, in welchen Problemen sie eigentlich steckt.“ Als Grundlage für ihre eigene „Besessenheit fürs Schreiben“ nennt sie eine „Schiefl age“ im Leben, „die einen viel wacher macht. Man bekommt einen geschärt en Blick für die Dinge. Nur in der Schiefl age sieht man eben das Zerfetzte des menschlichen Lebens.“ Noch mehr aber fürchtet sie den Lobgesang der Kritiker, die „Das Blütenstaubzimmer“ eilig zum Ausdruck des Lebensgefühls einer ganzen Ge ne ration aufgewertet haben. „Ich weiß nicht, welche von den beiden beschriebenen Generationen das größere Bedürfnis zum Lesen hat. So wie ich die Jüngeren kenne, lesen die nicht sehr viel. Die gehen lieber auf Techno-Parties und an die Street Parade.“ Und deshalb mutet sie „diese plötzliche Aufmerksamkeit um mich schon sehr seltsam an. Auch all diese Worte, die ich auf einmal höre.“ Wie etwa Literaturhof nung. Erschreckend sei auch der plötzliche Aufmarsch der Medien, „weil ich noch nicht verstanden habe, ob es denen um das Buch oder um meine Person geht. Oder darum, dass in der Schweizer Literatur eine Lücke gefüllt werden muss te?“ Vielleicht ist das Vergessen des Textes über der hektischen Suche nach dem Autor „nichts als ein großes Ablenkungsmanöver vor dem Wesentlichen, weil die Menschen fürchten, in dem geschriebenen Wort etwas über sich selbst zu entdecken.“ Sie möchte über ihre Arbeit im Allgemeinen sprechen. „Schreiben“, sagt Zoë Jenny, „ist ein Beruf, den man ausführen muss wie jeden anderen auch. Und deshalb sitze ich konsequent jeden Tag an meinem Schreibtisch.“ (Weltwoche, 28. 8. 1997) 2 Markiere die Stellen, in denen Zoë Jenny von ihrer Schreibmotivation spricht. 3 Erkläre, inwiefern das Schreiben des Romans für die junge Autorin „vielleicht auch ein Befreiungsschlag“ (Z. 22 f.) gewesen ist. k Welches Bild der Elterngeneration entwirft sie? k Wie wertet sie das Verhalten der eigenen Generation? 4 Entscheide, ob deine Leseerwartung an den Roman nach dem Lesen der Ausschnitte/des Romans erfüllt wurde. Begründe deine Entscheidung. 20 25 30 35 40 45 50 109Ein Leseportfolio zu einem Roman anlegen N u r zu P rü fz w e c k e n E ig e n tu m d e s C .C . B u c h n e r V e rl a g s | |
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