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Wendla Ich gehe … Und wenn dein Kind nun hingeht und fragt den Schornsteinfeger? Frau Bergmann Aber das ist ja zum Närrischwerden! – Komm, Kind, komm her, ich sage es dir! Ich sage dir alles … O du grundgütige Allmacht! – nur heute nicht, Wendla! – Morgen, übermorgen, kommende Woche … wann du nur immer willst, liebes Herz … Wendla Sag es mir heute, Mutter; sag es mir jetzt! Jetzt gleich! – Nun ich dich so entsetzt gesehen, kann ich erst recht nicht eher wieder ruhig werden. Frau Bergmann Ich kann nicht, Wendla. Wendla Oh, warum kannst du nicht, Mütterchen! – Hier knie ich zu deinen Füßen und lege dir meinen Kopf in den Schoß. Du deckst mir deine Schürze über den Kopf und erzählst und erzählst, als wärst du mutterseelenallein im Zimmer. Ich will nicht zucken; ich will nicht schreien; ich will geduldig ausharren, was immer kommen mag. Frau Bergmann Der Himmel weiß, Wendla, dass ich nicht die Schuld trage! Der Himmel kennt mich! – Komm in Gottes Namen! – Ich will dir erzählen, Mädchen, wie du in diese Welt hineingekommen. – So hör mich an, Wendla … Wendla unter ihrer Schürze: Ich höre. Frau Bergmann ekstatisch: Aber es geht ja nicht, Kind! – Ich kann es ja nicht verantworten. – Ich verdiene ja, dass man mich ins Gefängnis setzt – dass man dich von mir nimmt … Wendla unter ihrer Schürze: Fass dir ein Herz, Mutter! Frau Bergmann So höre denn …! Wendla unter ihrer Schürze, zitternd: O Gott, o Gott! Frau Bergmann Um ein Kind zu bekommen – du verstehst mich, Wendla? Wendla: Rasch, Mutter – ich halt’s nicht mehr aus. Frau Bergmann Um ein Kind zu bekommen – muss man den Mann – mit dem man verheiratet ist … lieben – lieben sag’ ich dir – wie man nur einen Mann lieben kann! Man muss ihn so sehr von ganzem Herzen lieben, – wie sich’s nicht sagen lässt! Man muss ihn lieben, Wendla, wie du in deinen Jahren noch gar nicht lieben kannst … Jetzt weißt du’s. Wendla sich erhebend: Großer – Gott – im Himmel! Frau Bergmann Jetzt weißt du, welche Prüfungen dir bevorstehen! Wendla Und das ist alles? Frau Bergmann So wahr mir Gott helfe! – – Nimm nun den Korb da und geh zu Ina hinunter. Du bekommst dort Schokolade und Kuchen dazu. – Komm, lass dich noch einmal betrachten – die Schnürstiefel, die seidenen Handschuhe, die Matrosentaille, die Rosen im Haar… dein Röckchen wird dir aber wahrhat ig nachgerade zu kurz, Wendla! Wendla Hast du für Mittag schon Fleisch gebracht, Mütterchen? Frau Bergmann Der liebe Gott behüte dich und segne dich – Ich werde dir gelegentlich eine Handbreit Volants unten ansetzen. 85 90 95 100 105 110 115 120 143Eine Dramenszene analysieren N u r zu P rü fz w e c k e n E g e tu m d e C .C . B u c h n e r V e rl a g s | |
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