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271Der Weg in den Ersten Weltkrieg Mordanschlag auf den Kronprinzen In dieser hochsensiblen Situation stürzte ein Ereignis auf dem Balkan Europa völlig überraschend in eine Krise. Am 28. Juni 1914 verbreiteten die Nachrichtenagenturen die Blitzmeldung aus Sarajewo: Mitglieder eines serbischen Geheimbundes hatten in Sarajewo ein Attentat auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, und seine Frau Sophie verübt. Beide starben an den Folgen des Anschlages. Der Frieden in Europa war erneut gefährdet, zumal der Rüstungswettlauf inzwischen ein beängstigendes Tempo angenommen hatte und alle Versuche, den Frieden sicherer zu machen, erfolglos geblieben waren (u M1). Reaktionen in Wien und Berlin Das Attentat eröffnete Österreich-Ungarn eine willkommene Möglichkeit, gegen Serbien vorzugehen, denn das Land war offenbar in den Mordanschlag verwickelt (u M2). Der deutsche Kaiser Wilhelm II. und Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg sagten dem österreichischen Zweibundpartner bereits am 5. Juli uneingeschränkte Rückendeckung für eine militärische Aktion gegen Serbien zu. Die Regierung sah auch deutsche Interessen verteidigt, wenn der Partner Österreich-Ungarn den aufstrebenden Balkanstaat Serbien nicht mehr zu fürchten habe und die Gefahr einer nationalen Sammlung aller Südslawen gebannt wäre. Die Rückendeckung durch den deutschen Kaiser wird oft als „Blankoscheck“ bezeichnet (u M3). Die Julikrise Vier Wochen nach dem Attentat, am 23. Juli, legte die österreichische Regierung Serbien ein Ultimatum vor (u M4), das inter national als überzogen betrachtet wurde. Österreich forderte unter anderem die Beteiligung österreichischer Beamter an der Verfolgung der serbischen Verschwörer. Dies sollte Serbien als unfähig zur Aufklärung des Verbrechens hinstellen. Dass Serbien dieses Ultimatum, das seine Souveränitätsrechte infrage stellte, gänzlich annehmen könne, wurde von niemandem ernsthaft erwartet. Vielmehr sollte seine Ablehnung den Vorwand für einen bereits beschlossenen Krieg liefern. Doch Serbien machte überraschend weitgehende Zugeständnisse. Nur eine direkte Einmischung in seine inneren Verhältnisse lehnte es ab. Trotz mehrerer Vermittlungsversuche Englands brach Wien die diplomatischen Beziehungen zu Serbien ab und erklärte am 28. Juli 1914 den Krieg. Schon am nächsten Tag wurde Serbiens Hauptstadt Belgrad beschossen. Wien hatte damit einen neuen Balkan-Krieg begonnen. Russland beantwortete den österreichischen Angriff auf Serbien am 30. Juli mit der Generalmobilmachung seiner Truppen. Die deutsche Reichsspitze sah die Mobilmachung Russlands als Bedrohung, denn die militärische Strategie hatte sich bereits seit einem Jahrzehnt auf eine Handhabung des drohenden Zweifrontenkrieges festgelegt: Im Kriegsfall wollte Deutschland sich die Schwierigkeiten des riesigen Russland zunutze machen, seine Truppen zu mobilisieren und zur Front zu schaffen. In einem schnellen Feldzug durch Belgien sollte Frankreich bezwungen werden, solange Russland noch nicht voll gefechtsfähig war, um dann den Rücken für den Krieg im Osten i Der Balkan 1913. R U M Ä N I E N Ö S T E R R E I C H U N G A R N R U S S L A N D G R I E C H E N L A N D O S M A N I S C H E S R E I C H B U LG A R I E N I TA L I E N 0 300 km M i t t e l m e e r Schwarzes Mee r Ägä i sches Mee r Bospo rus Serbien Albanien Montenegro Kreta Bosnien-Herzegowina 1908 von Österr.-Ungarn annektiert Konstantinopel Rhodos Korfu 1912/13 unabhängig Sarajewo Belgrad Bukarest Sofia 1908 unabhängig Grenze des Osmanischen Reiches bis 1912 Dardanellen Literaturtipp: p Annika Mombauer, Die Julikrise. Europas Weg in den Ersten Weltkrieg, München 22014 p Christopher Clark, Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, München 2013 Internettipp: Für Dokumente und Fotos zum Ersten Weltkrieg siehe www.europeana1914-1918.eu/de Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um de C .C .B uc ne r V er la gs | |
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