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Der Rat der Volksbeauftragten Ebenfalls am 9. November 1918 übergab Max von Baden ohne verfassungsrechtliche Legitimation das Amt des Reichskanzlers an Friedrich Ebert, den Vorsitzenden der SPD, die im Reichstag die stärkste Fraktion stellte. Während Ebert eine gewählte Nationalversammlung über die künftige Staatsform entscheiden lassen wollte, rief sein Parteifreund Philipp Scheidemann die „Deutsche Republik“ aus. Er kam damit Karl Liebknecht zuvor, dem Führer der Spartakisten, eines linken Flügels der 1917 von der SPD abgespaltenen Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD). Erst zwei Stunden später verkündete Liebknecht dann die „Sozialistische Republik Deutschland“. Um der sich abzeichnenden Bildung einer sozialistischen Räterepublik zu begegnen, bemühte sich Ebert um eine Verständigung mit der USPD. Die beiden Parteien besetzten auf paritätischer Grundlage mit je drei Vertretern den Rat der Volksbeauftragten als provisorische deutsche Regierung. Er wurde zunächst nur durch die Berliner Arbeiterund Soldatenräte legitimiert, die sich wie auch in anderen Städten im Zuge der Revolution spontan, ohne festes politisches Konzept und ohne überregionale Organisation gebildet hatten. Die meisten Arbeiterräte orientierten sich nicht an der Theorie des Rätesystems. Im Vordergrund standen nach dem Zusammenbruch die praktischen Aufgaben, die Lebensmittelversorgung und die öffentliche Ordnung. Die Arbeiterräte traten aber allgemein für die Demokratisierung von Militär, Verwaltung und Wirtschaft ein. Der vom 16. bis 20. Dezember 1918 in Berlin tagende Reichskongress der Arbeiter und Soldatenräte beließ die gesetzgebende und vollziehende Gewalt bis zur Einberufung der Nationalversammlung beim Rat der Volksbeauftragten. Der Antrag der radikalen Linken, am Rätesystem als Grundlage der Verfassung für eine sozialistische Republik festzuhalten, wurde dabei mit großer Mehrheit abgelehnt. i Ausrufung der Republik und Bildung des Rates der Volksbeauftragten. Fotomontage als Bildpostkarte von 1918. Am 9. November 1918 rief Philipp Scheidemann (SPD) am Fens ter des Berliner Reichstages die Republik aus. Die Szene wird eingerahmt von den Mitgliedern des neu gebildeten Rates der Volksbeauftragten; links (von o. nach u.): Hugo Haase (USPD), Otto Landsberg (SPD), Wilhelm Dittmann (USPD); rechts: Friedrich Ebert (SPD), Philipp Scheidemann (SPD) und Emil Barth (USPD). Philipp Scheidemann (1865 1939): SPD-Politiker; unter Max von Baden 1918 Staatssekretär; 1919 Reichskanzler Karl Liebknecht (1871 1919): Gründer des Spartakusbundes 1916; Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands 1919 USPD: Aus Protest gegen die Bewilligung weiterer Kriegskredite verließen ab 1916 immer mehr Mitglieder die SPD und gründeten im April 1917 eine eigene Partei, die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Spartakisten/Spartakusbund: Gruppe radikaler Sozialisten, die den Kern der am 1. Januar 1919 gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) bildete Räterepublik: Herrschaftsform, die eine direkte Demokratie mithilfe von Räten verwirklichen will. Die Räte werden auf verschiedenen Ebenen gewählt bis hin zum Zentralrat. Sie sind an die Weisungen der Wähler gebunden und vereinen gesetzgebende, ausführende und rechtsprechende Gewalt auf sich. Friedrich Ebert (1871 1925): ab 1913 SPD-Vorsitzender, 1919 bis zu seinem Tod 1925 erster Reichspräsident der Weimarer Republik 291Vom Obrigkeitsstaat zur Republik Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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