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Die Weimarer Republik – Wegbereiterin der nationalsozialistischen Diktatur? Das Weimar-Bild im „Dritten Reich“ war geprägt von der Rhetorik der nationalsozialistischen Propaganda, in der die Republik als Produkt der „Novemberverbrecher“, als ein national entehrtes und durch die Herrschaft von Juden und Marxisten korrumpiertes Staats gebilde bezeichnet wurde. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg sah sich der erste demokratische Verfassungsstaat auf deutschem Boden mit vielen Vorurteilen konfrontiert. Er wurde überwiegend als Wegbereiter der Hitlerdiktatur wahrgenommen. Dies führte in der deutschen Geschichtswissenschaft der 1950er-Jahre zu einer vorrangigen Behandlung der Endphase der Weimarer Republik. Die Frage nach den entscheidenden Gründen für die „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten stand im Vordergrund. Die spätere Forschung sah darin eine unzulässige Verengung der historischen Perspektive und untersuchte verstärkt, welche strukturellen Schwächen die Republik von ihrer Gründung an belasteten: eine Verfassung, die dem Reichspräsidenten die Rolle eines „Ersatzkaisers“ übertrug und das Parlament schwächte; Weltanschauungsund Interessenparteien, die sich selten zu konstruktiver Regierungsarbeit bereit erklärten; ein Offi zierskorps ohne demokratische Gesinnung; eine Justiz, die sich, wie die Universitäten und Gymnasien, weiterhin an den konservativen und nationalistischen Wertvorstellungen der Kaiserzeit orientierte; schließlich wirtschaftliche Herausforderungen (Infl ation, Weltwirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit), die die Existenz weiter Bevölkerungsschichten bedrohten und das Vertrauen in den Staat zerstörten. Zu den größten Belastungen der Weimarer Republik gehörte zweifellos auch die Weigerung, den Ausgang des Ersten Weltkrieges und den verhassten Versailler Vertrag (mit den Gebietsverlusten und Reparationsforderungen) zu akzeptieren. Man darf jedoch auch nicht übersehen, dass die erste deutsche Demokratie schwierige innenund außenpolitische Probleme erfolgreich meisterte. Dazu gehörte die Wiedereingliederung von Millionen Soldaten in Gesellschaft und Beruf, die Überwindung der außenpolitischen Isolation durch die Verträge von Rapallo und Locarno und die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund. Der Wechsel zwischen Fortschritt und Stagnation, das erbitterte Ringen um die Demokratie, die Blütezeit in Kunst und Kultur auf der einen und das wirtschaftliche, politische und soziale Chaos auf der anderen Seite – dies sind die Faktoren, die die Epoche der Weimarer Republik als Epoche der Gegensätze kennzeichnen. Dabei war das Scheitern der ersten deutschen Demokratie eine historische Erfahrung, aus der schon die Gründerväter der Bundesrepublik wegweisende Lehren zogen. Bis heute ist die politische Kultur Deutschlands vom Willen durchdrungen, die Fehler von Weimar nicht zu wiederholen. u Mit welchen Schwierigkeiten sah sich die junge Republik zum Zeitpunkt ihrer Entstehung konfrontiert? u Wie trugen innenund außenpolitische Faktoren in den Folgejahren zur Stabilisierung und zur Destabilisierung der Weimarer Republik bei? u Wo sind die Gründe für das Scheitern der ersten deutschen Demokratie zu suchen? 289Orientierung Nu r z P üf zw ck en Ei ge tu m d s C .C . uc hn er V er la gs | |
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