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33Modernisierungsschübe: Renaissance und Frühkapitalismus M4 Das Verlagswesen Der österreichische Historiker Franz Mathis schreibt in seinem Werk zur Wirtschaftsgeschichte des 16. Jahr hunderts: Was die Bergwerksund Hüttenunternehmer als „frühkapitalistisch“ kennzeichnete, waren nicht nur ihre besonders großen, letztlich aber vielfach nur vorübergehenden Vermögen, sondern mindestens ebenso sehr die von ihnen praktizierte Trennung von Arbeit und Kapital sowie die Größe ihrer Unternehmen, die über den Rahmen eines Handwerksbetriebes weit hinausging. Beides war im Prin zip auch bei den Verlegern gegeben, mit dem Unterschied, dass die von diesen beschäftigten Arbeitskräfte noch nicht in einem zentralisierten Betrieb zusammengefasst waren, sondern nach wie vor dezentralisiert in ihren städtischen und ländlichen Werkstätten arbeiteten. Aus der Sicht der Unternehmer handelte es sich in beiden Fällen um die Beschäftigung einer Vielzahl von Menschen, die im Auftrag der Gewerken oder der Verleger bestimmte Produkte herstellten, die dann von diesen auf den Markt gebracht wurden. Eine so gestaltete Arbeitsorganisation unterschied sich grundlegend von der Produktionsweise selbstständiger, unmittelbar für den Markt arbeitender Handwerksmeister. Sie nahm bereits einige wesentliche Kennzeichen der modernen kapitalistischen Industrieproduktion vorweg und kann daher in diesem Sinne als frühkapitalistisch bezeichnet werden. Der Übergang vom handwerklichen Meisterbetrieb, in dem Arbeit und Kapital in einer Hand vereinigt und die Produktion in erster Linie auf den lokalen Markt ausgerichtet war, zum frühkapita listischen Unternehmen, in dem Arbeit und Kapital getrennt und die Produkte für ferner liegende Märkte bestimmt waren, lässt sich allerdings […] nicht erst im 16. Jahrhundert beobachten. Sowohl im Bergbau als auch im Verlagswesen reichen frühkapitalistische Produktionsverhältnisse bis ins 14./15. Jahrhundert und teilweise noch weiter zurück; in Westeuropa ist das Verlagssystem seit dem 13. Jahrhundert überliefert. Das 16. Jahrhundert sah daher diesbezüglich nichts grundlegend Neues, sondern erlebte lediglich eine Intensivierung und Ausweitung von Produktionsformen, die bereits seit längerer Zeit bekannt waren. Franz Mathis, Die deutsche Wirtschaft im 16. Jahrhundert, München 1992, S. 38 1. Arbeiten Sie die Bedeutung des Verlagssystems für die Entwicklung des Frühkapitalismus nach Mathis heraus. 2. Erläutern Sie, was den Frühkapitalismus vom ausgebildeten Kapitalismus der Moderne unterscheidet. M5 „Ich will gewinnen, dieweil ich kann“ Jakob II. Fugger (1459 1525) ist das zehnte von elf Kindern. Für ihn ist eine geistliche Laufbahn vorge sehen. Nachdem vier seiner Brüder gestorben sind, muss er doch noch in das Familien unternehmen eintreten. Was ihn vorantrieb, erzählte er einmal seinem Neffen. „Er wolle gewinnen, dieweil er könne.“ Hierfür lernte er begierig die Kniffe des Geschäftslebens. Reich wurde Jakob mit einer Geschäftsidee, die er perfektionierte: Er verlieh Geld an Herzöge, Könige und Kaiser und verlangte als Sicherheit Silber aus deren Bergwerken und Handelsprivilegien. Als Jakob von seinen Brüdern 1485 nach Innsbruck geschickt wird, um die dortige Niederlassung zu leiten, kann er zum ersten Mal selbstständig handeln. Sofort sucht er die Nähe zum Hof des Herzogs Sigismund. Dessen stete Finanznot bietet ihm große Chancen: Da in Tirol die größten bekannten Silbervorkommen liegen, muss Sigismund dafür sorgen, dass Geldgeber deren Erschließung und Abbau fi nanzieren. Jakob wird zum größten Kreditgeber des Hofes. Dafür übernimmt er die Oberaufsicht über die Silberförderung, eine mächtige Stelle: Den Unternehmern zahlt Fugger fünf Gul 5 10 15 20 25 30 35 5 10 15 i Jakob Fugger „der Reiche“. Ölgemälde (68 x 52 cm) von Albrecht Dürer, um 1519 (Ausschnitt). 1518 fand der Reichstag in Augsburg statt und tagte zum Teil im Stadtpalast der Fugger. Die Reichsstadt Nürnberg hatte den berühmtesten deutschen Renaissancemaler Albrecht Dürer (siehe Seite 35) entsandt. Damals porträtierte er Jakob Fugger. 32015_1_1_2015_Kap1_008-081.indd 33 01.04.15 10:57 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge tu m d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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