Volltext anzeigen | |
369 Formale Kennzeichen Das Wahlplakat wurde 1930 von der SPD in Auftrag gegeben. Plakatinhalt Das Plakat zeigt die „Feinde der Demokratie“ in dreifacher Personifi zierung: Den Hauptteil füllt ein schwarz gezeichneter, nur an wenigen weißen Konturen erkennbarer Mann aus; Schirmmütze und Hakenkreuz identifi zieren ihn als Mitglied der SA. In seiner linken Faust hält er einen Dolch, der die Gewaltbereitschaft des politischen Gegners verdeutlichen und auf die „Dolchstoßlegende“ (vgl. dazu Seite 358) anspielen soll. Die rechte Hand des Mannes ist nach dem Betrachter ausgestreckt, den er aus dem Dunkel heraus anzugreifen und anzubrüllen scheint. Die schemenhaft umrissene Figur links hinten trägt eine Kappe mit rotem Stern, was sie als Kommunist zu erkennen gibt. Rechts ragt ein Totenkopf mit Reichswehrhelm und Bajonett hervor, wohl eine Allegorie auf die Gefahr des nationalistischen Militarismus oder die Toten des Ersten Weltkrieges. Die Schriftzüge bestehen aus Großbuchstaben und nennen das Motto: Die „Feinde der Demokratie“ sollen beseitigt („Hinweg damit!“) und die Republik gerettet werden. Die dominierenden Farben Schwarz-Rot-Gold stehen als Nationalfarben der ersten deutschen Republik für die demokratischen Kräfte; Rot ist zudem die Farbe der Sozialdemokratie. Historischer Kontext Anlass für die Veröffentlichung des Wahlplakats war die Reichstagswahl vom 14. September 1930. Es wendet sich gegen die politischen Gegner der SPD von rechts und links, die die Republik seit ihrer Gründung bekämpften. Vor allem die Parteien der extremen Rechten, DNVP und NSDAP, nutzten die „Dolchstoßlegende“ zur hasserfüllten Agitation gegen die politischen Vertreter der Weimarer Republik. 1930 hatte sich die parteipolitische Landschaft geändert: Während die liberalen Parteien DDP und DVP immer mehr Anhänger verloren, gewannen NSDAP und KPD von der politischen und sozialen Lage frustrierte Wähler hinzu. Mit dem Rücktritt der letzten sozialdemokratisch geführten Regierung im März 1930 entfi el die Hauptstütze der Weimarer Demokratie. Die SPD kämpfte daher für einen deutlichen Wahlsieg und die Zurückdrängung der extremen Flügelparteien. Intention und Wirkung Die SPD will den Wählern die von den linksund rechtsextremen Parteien ausgehende Gefahr für Demokratie und Republik veranschaulichen, indem sie ein Bedrohungsszenario aus Gewalt, Terror, Angst und Tod entwirft. Dazu bedient sie sich der Feindbilder und Stereotypen, die die politischen Gegner benutzen. Durch die Umkehrung der Vorwürfe sollen sie als Lügner und Geschichtsklitterer (vgl. das Plakat Seite 358) entlarvt werden. Zugleich wirbt das „Rettungsversprechen“ für die eigene Partei: Die SPD will die „Feinde der Demokratie“ nicht durch Gewalt, sondern mit demokratischen Mitteln beseitigen. Bewertung und Fazit Das Plakat war 1930 überall in Deutschland verbreitet. Die Bedrohung wird durch ideen reiche Gestaltung, starke Farben und markanten Zeichenstil, schlagkräftige Slogans, bekannte Symbole und Stereotypen eindrucksvoll und verständlich in Szene gesetzt. Seine beabsichtigte Wirkung hat das Plakat jedoch verfehlt: Bei der Reichstagswahl von 1930 verlor die SPD fast drei Prozent der Stimmen, blieb aber stärkste Partei. Die KPD gewann 2,5 Prozent Stimmenanteil, die NSDAP stieg mit 18,2 Prozent sogar zur zweitstärksten Partei auf. Vergleichen Sie politische Plakate aus der Wei marer Republik, dem Nationalsozialismus und der frühen Bundesrepublik (siehe z. B. Seite 266, 294, 358, 370, 376 und 391) mit heutigen Plakaten. Überprüfen Sie, inwieweit sich jeweils das politische Selbst verständnis der Zeit widerspiegelt. 32015_1_1_2015_Kap3_352-385.indd 369 01.04.15 10:27 Nu zu P rü fzw ec ke Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
« | » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |