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4113.3 Deutsches Selbstverständnis nach 1945 blieben in der Bundesrepublik die mythenpolitischen Trümmerberge zunächst weitgehend unbearbeitet. […] Aber ganz hat auch die Bundesrepublik auf Sinnstiftung durch mythische Erzählungen nicht verzichten können. Die Konsummythen […] dienten nicht nur als Kaufanreize und Marketinginstrumente einer sich in ihrem neuen Wohlstand einrichtenden Gesellschaft, sondern avancierten auch zu Gegenerzählungen zur Mythik der DDR: Sie bestritten deren Anspruch, der bessere deutsche Staat zu sein, und hielten ihr die notorischen Versorgungsdefi zite der Bevölkerung und die Einschränkung der Reisefreiheit als Manko der politischen Ordnung vor. Damit konterkarierten die bundesrepublikanischen Konsummythen den antifaschistischen Gründungsmythos, in dem die DDR den Widerstand gegen Hitler und die Zerschlagung des Nazi-Regimes für sich monopolisiert hatte. Herfried Münkler, Die Deutschen und ihre Mythen, Berlin 22009, S. 17 und 19 f. 1. Fassen Sie zusammen, was Münkler unter dem „mythenpolitische[n] Schnitt“ (Zeile 10 f.) versteht. 2. Erklären Sie auf der Grundlage von Münklers Ausführungen den Begriff „politischer Mythos“. Welche Funktion kommt ihm in Deutschland nach 1945 zu? Vergleichen Sie mit M4 im Theorie-Baustein „Nation – Begriff und Mythos“ auf Seite 384 f. M11 „Unsere DDR ist ein sauberer Staat“ Im Dezember 1965 spricht Erich Honecker vor dem Zentralkomitee der SED über die Kulturpolitik: Unsere DDR ist ein sauberer Staat. In ihr gibt es unverrückbare Maßstäbe der Ethik und Moral, für Anstand und gute Sitte. Unsere Partei tritt entschieden gegen die von den Imperialisten betriebene Propaganda der Unmoral auf, die das Ziel verfolgt, dem Sozialismus Schaden zuzufügen. Dabei befi nden wir uns in voller Übereinstimmung mit der Bevölkerung der DDR und der überwiegenden Mehrheit der Menschen in Westdeutschland. Wir stimmen jenen zu, die feststellen, dass die Ursachen für diese Erscheinungen der Unmoral und einer dem Sozialismus fremden Lebensweise auch in einigen Filmen, Fernsehseni Monumentalgemälde „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“ von Werner Tübke im Panorama Museum im thüringischen Bad Frankenhausen. Foto vom 23. Juni 2009. Am 14. September 1989 war die Gedenkstätte zum Deutschen Bauernkrieg 1525 als letztes DDR-Prestigeobjekt eröffnet worden. Als „Erbin aller humanistischer und progressiver Traditionen Deutschlands“ sah sich die DDR gewissermaßen als Finale eines langen und opferreichen Kampfes. Als eines der frühesten und wichtigsten traditionsstiftenden Ereignisse wurden die Bauernkriege von 1524/25 angesehen, welche mit der Reformation zum Ereigniskomplex „frühbürgerliche Revolution in Deutschland“ zusammengefasst wurden. 30 35 40 5 10 32015_1_1_2015_Kap3_386-419.indd 411 01.04.15 10:31 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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