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67Die mittelalterliche Feudalgesellschaft M2 Neuerungen in der Landwirtschaft Der Historiker Werner Rösener ist ein Fachmann für Agrargeschichte. Für eine breite Leserschaft beschreibt er wesentliche Neuerungen in der mittelalterlichen Landwirtschaft: Der größere Teil bäuerlicher Tätigkeit im Mittelalter galt der Feldarbeit. […] Bestellt wurde ein Acker nur alle zwei Jahre, die Leerzeit dazwischen sollte er ruhen, man nennt es die Feldgraswirtschaft. Später, im Hochmittelalter, setzte sich mehr und mehr die Dreifelderwirtschaft durch: Im ersten Jahr wuchs auf der Fläche Wintergetreide, im zweiten Sommerkorn, im dritten lag sie brach und diente dem Vieh als Weide, was außer der Erholung des Bodens noch Dungzufuhr bewirkte. Dung wurde jedenfalls aufgetragen. Jedes Gehöft hatte seinen Misthaufen. Das Düngen ist eine alte agrarische Kulturtechnik, Dungtransporte gehörten zu den Fronarbeiten. Vor der Aussaat musste der Boden gelockert werden, was mittels einer Hacke oder mithilfe eines Pfl uges geschah. Die älteste und ursprünglichste Pfl ugform, gebräuchlich noch bis ins Hochmittelalter hinein, war ein simpler Baumast, der als Deichsel diente, versehen mit einem gegen die Zugrichtung gewendeten metallenen Sporn, der die Erde aufriss. Gezogen wurde er wenn nicht von Menschen, dann durch Zugtiere, die in Mitteleuropa zunächst Ochsen waren. […] Dann kam der Schollenpfl ug auf. Nachweisbar seit dem 1. Jahrhundert, hat er sich bis zum Hochmittelalter überall in Europa durchgesetzt. Er war eine technologisch fast revolutionäre Erfi ndung: Er lief auf Rädern, was seinen Einsatz erleichterte, und war ausgestattet mit einem Messer und einer asymmetrischen Pfl ugschar, die den Boden nicht mehr bloß ritzte, sondern umwälzte. […] Zusätzlich kam die Egge in Gebrauch, mit der sich die umbrochenen Schollen zerkleinern und glätten ließen. Als Zugvieh wurde der Ochse jetzt mehr und mehr ersetzt durch das Arbeitspferd, außerdem stand ein anderes Zaumzeug zur Verfügung: Anstelle der bis dahin allein gebräuchlichen Riemen, die alle Last auf die Brust des Zugtieres legten, [so]dass sie leicht dessen Fell wund scheuern konnten, traten das gepolsterte Joch oder das Kummet, das die Zuglast auf eine größere Körperfl äche der eingeschirrten Tiere verteilte, was wiederum die Arbeitszeiten zu verlängern und die Arbeitsleistung zu steigern vermochte. Die Hufe der Pferde wurden beschlagen. Auch das erhöhte die Ausdauer der Tiere. Man lernte es noch, sie im Vierergespann einzuschirren. Die vermehrte Zugkraft, die das erbrachte, inspirierte ihrerseits den Wagenbau: Neben den zweirädrigen Karren, der bis dahin einzig in Gebrauch war und den so schon die Antike kannte, gesellte sich nunmehr der vierrädrige Wagen, geeignet für das Bewegen von schweren und sperrigen Lasten, ebenso geeignet für den Personentransport. […] Man erfand die Schubkarre, als eine eminent wichtige und vielfach einsetzbare Gerätschaft. Das Spatenblatt wurde jetzt aus Eisen gefertigt. Die Ernte erfolgte nicht mehr bloß mit der Sichel, sondern mit der Sense, und das eingefahrene Getreide wurde nicht mehr vermittels Füßen oder Tierhufen gedroschen, sondern mit dem Flegel. Die Weiterverarbeitung des Korns zu Mehl, lange eine Arbeit für die Bauersfrau, entwickelte sich zu einer Spezialtätigkeit, der sich ein dann eigener Berufsstand widmete, unter Zuhilfenahme von fl ießendem Wasser oder von Wind als Antriebskraft. Der Müller wurde zu einem der ersten spezialisierten Handwerker im ländlichen Raum neben dem Schmied. Man darf annehmen, dass dergleichen Neuerungen in aller Regel von den Klöstern ausgingen, denn dort gab es schon früh die spezialisierten Handwerker, die dergleichen zu verfertigen oder zu handhaben wuss ten. Dort gab es die erforderlichen Mittel für die entsprechenden Investitionen, und dort gab es Agrar besitz, auf dem sich die Innovationen beispielhaft ausprobieren ließen. Werner Rösener, Landwirtschaft im Mittelalter, in: Das Mittel alter. Die Welt der Bauern, Bürger, Ritter und Mönche, hrsg. von Dieter Hägermann, München 2001, S. 94 105, hier S. 59 61 1. Erklären Sie, welche Folgen die Verbesserungen in der Landwirtschaft langfristig mit sich brachten. 2. Veranschaulichen Sie durch einfache Skizzen einige beschriebene Veränderungen in der mittelalterlichen Landwirtschaft. 3. Recherchieren Sie, bis wann diese Geräte in der Landwirtschaft eingesetzt wurden und von welchen Geräten und Maschinen sie ersetzt wurden. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 u Bockwindmühle. Buchmalerei aus der Werkstatt des fl ämischen Künstlers Jean de Grise, 1338 1345 (Ausschnitt). Die Anlage von Mühlen geht auf römische und arabische Vorbilder zurück. In Mitteleuropa begann man erst im 12. Jh. damit, die Windkraft zu nutzen. Nu r z ur P üf zw ck en Ei ge nt um d es C .C . B uc h r V er la gs | |
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