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Der Untergang des Römischen Reiches wird gedeutet 109 M8 Unfähigkeit der Herrscher? Helmuth Schneider, Professor für Alte Geschichte an der Universität Kassel, erklärt 2000 das Ende Roms: Es stellt sich allgemein die Frage, ob der Untergang des Römischen Reiches unabwendbar war, ein Prozess also, gegen den die römischen Herrscher und Eliten schlechthin machtlos waren. Eine Untersuchung der Gründe für das Scheitern des Imperium Romanum darf neben dessen evidenten strukturellen Schwächen die zufälligen Konstellationen innerhalb der Herrscherfamilien und die mangelnde Kompetenz einer Reihe von Kaisern und höheren Beamten nicht unbeachtet lassen. [...] Als Valentinianus [...] 375 starb, war Gratianus gerade 16 Jahre alt; die Söhne des Theo dosius, Arcadius und Honorius, wurden 395 im Alter von 17 und zehn Jahren Herrscher [...]. Auf Arcadius [...] folgte sein gerade sieben Jahre alter Sohn Theodosius II., während im Westen Valentinianus III. [...] 425 im Alter von sechs Jahren zum Kaiser erhoben wurde. Diese Kinder, die noch zu Lebzeiten ihrer Väter zu Mitregenten ernannt worden waren, konnten angesichts der weitverbreiteten Loyalität gegenüber der Dynastie bei der Ernennung des Kaisers nicht übergan5 10 15 20 gen werden, waren aber gleichzeitig nicht fähig, das ihnen übertragene Amt wirklich auszufüllen. Ihr Interesse galt kaum der Politik und der Kriegsführung, sie lebten abgeschirmt im Palast und überließen weitgehend anderen die Ausübung von Herrschaft und vor allem die Führung der Armee. Die traditionell enge Beziehung zwischen Kaiser und Soldaten löste sich auf, und dadurch ergab sich für die germanischen Heerführer die Chance, eine dominierende Stellung im Imperium zu erlangen. [...] Die Institutionalisierung und Verrechtlichung politischer Macht war im spätantiken Imperium so weit fortgeschritten wie in keiner anderen antiken Gesellschaft, die Verwaltung gut organisiert und geführt von Personen, die aufgrund ihrer Kompetenz Karriere gemacht hatten. So leistungsfähig dieses politische System auch war, es blieb angewiesen auf die Autorität und die Kompetenz der Kaiser, und es zerbrach, als die Kaiser über mehrere Jahrzehnte hinweg versagten. [...] So entscheidend die Einfälle der Germanen im 4. und 5. Jahrhundert für die historische Entwicklung auch gewesen sein mögen, den Niedergang Roms können sie allein nicht hinreichend erklären. Die Tragödie des Imperium Romanum bestand darin, dass die Kaiser gerade in der Zeit, in der die Germanen die Provinzen im Westen überrannten, als Kinder an die Macht gelangten und schwache Persönlichkeiten waren, die in hohem Maße von ihrer Umgebung abhängig und den Anforderungen ihres Amtes in keiner Weise gewachsen waren; das Reich ist im Westen wesentlich an der Unfähigkeit der Herrscher aus der Dynastie des Theodosius gescheitert. Helmuth Schneider, Das Ende des Imperium Romanum im Westen, in: Richard Lorenz (Hrsg.), Das Verdämmern der Macht. Vom Untergang großer Reiche, Frankfurt am Main 2000, S. 26–43, hier S. 32, 40 ff. 1. Bewerten Sie Schneiders Erklärung. 2. Schneider vertritt an anderer Stelle in seinem Aufsatz die Ansicht, „sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Wandel sind damit weniger als Ursache, sondern vielmehr als Folge des Zusammenbruchs des Imperium Romanum zu begreifen“. Nehmen Sie dazu Stellung. 25 30 35 40 45 50 55 Es genügt also nicht, die Wende von der Antike zum Mittelalter nur als eine Frage der Periodisierung anzusehen. Rigobert Günther/Alexander R. Korsunskij, Germanen erobern Rom. Der Untergang des Weströmischen Reiches und die Entstehung germanischer Königreiche bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts, Berlin 1986, S. 31 ff. 1. Urteilen Sie, inwiefern Sie Günthers These von einer „Revolution“ zustimmen können. 2. Informieren Sie sich über die Bedeutung von Revolutionen im „historischen Materialismus“ und erklären Sie vor diesem Hintergrund Günthers Beharren auf einer Revolution. 3. Vergleichen Sie Günthers Position zur Frage nach Kontinuität oder Revolution mit der Aussage von Géza Alföldy (M1, Seite 104). Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt u s C .C .B uc n r V er la gs | |
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