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119Umgang mit Texten und Medien: Gattungsmerkmale von Erzähltexten Überraschendes Die Parabel Der Blinde und der Lahme Ein König richtete einmal ein großes Gastmahl zu und sandte Herolde1 durch sein ganzes Reich, die alle Menschen, welchen Standes sie auch seien, dazu einladen und ihnen verheißen sollten, dass sie außer dem Mahle auch noch reiche Schätze erhalten sollten. Unter denen, die von der Einladung des Königs hörten, waren auch zwei Männer, von denen der eine stark, aber blind und der andere lahm und schwächlich war, aber gut sehen konnte. Da sprach der Blinde zum Lahmen: „Weh uns, mein Lieber! Nun ist im ganzen Land verkündet worden, dass jedermann vom König zu einem Gastmahle eingeladen ist, bei dem er nicht nur gut und reichlich bewirtet werden, sondern auch noch dazu reiche Gaben empfangen soll. Doch du bist lahm, und ich bin blind; wir werden also beide nicht zu dem Gastmahle kommen können.“ Der Lahme antwortete: „Willst du meinem Rate folgen, so werden wir trotzdem daran teilnehmen können.“ Der Blinde war sogleich bereit, dem Rate des Lahmen zu folgen, und dieser sprach: „Dein Körper ist stark, der meine schwach, und überdies bin ich lahm. Nimm mich also auf deinen Rücken, und da ich gut sehen kann, werde ich dir den Weg weisen. Auf diese Weise werden wir beide zum Gastmahle kommen und unseren Lohn ebenso empfangen wie alle anderen.“ Der Blinde fand diesen Rat gut und forderte den Lahmen auf, sogleich auf seine Rücken zu steigen. Dieser tat so und wies dem Blinden den Weg. So kamen beide zum Gastmahle und erhielten auch die versprochenen Schätze. 1. Erkläre mit eigenen Worten, wie es dem Blinden und dem Lahmen gelingt, zum Gastmahl des Königs zu kommen. 2. Formuliere eine Lehre, die zu dieser Geschichte passt. 3. Finde weitere Beispiele aus der heutigen Zeit, die diese Lehre veranschaulichen. 1 der Herold: eine Person, die die Nachrichten des Herrschers verbreitet 5 10 15 20 25 Parabel wird eine eher kurze lehrhafte Geschichte genannt, die eine allgemeine Erkenntnis in Form eines Gleichnisses darstellt. Welche Einsicht aus dem Text zu ziehen ist, wird in der Parabel selbst nicht ausdrücklich genannt, sodass der Leser/die Leserin zur eigenen Textdeutung angeregt wird. Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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