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Die Lebenswelt der Hindus 115 Die alte Ordnung der Kasten Die Menschen in der Hindu-Gesellschaft leben in gegeneinander abgegrenzten Kasten. Innerhalb der Kasten gelten strenge Rituale: Beruf, Essgewohnheiten, Verwandtschaftsbeziehungen und religiöse Bräuche sind genau festgelegt. Die Kasten sind hierarchisch geordnet. Ordnungsprinzip ist das Ideal der „Reinheit“. Wer die Gesetze der „Reinheit“ beachtet und in seiner Kaste ein rechtschaffenes Leben führt, hat Aussicht, in einem späteren Leben in einer höheren Kaste wiedergeboren zu werden. Außerhalb der Kasten leben auf der untersten Stufe der Werteskala die „Dalitis“. Früher wurden sie auch „Paria“, die Unberührbaren, genannt. Ihre Stellung in der Gesellschaft ist darauf zurückzuführen, dass ihnen zum Teil auch heute noch Arbeiten zufallen, die kein anderer verrichten will. Daher galt – und gilt in vieler Hinsicht auch heute – bereits ihre Berührung als unrein. […] Seit der Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1947 sitzt der indische Staat in der Klemme: Kastensystem, kulturelle Minderheiten und indisches Nationalgefühl schaffen Interessenskonflikte […]. Politiker wie Mahatma Gandhi und Jawaharlal Nehru erkannten das Problem früh: Die alten Ordnungssysteme sind mit der Entwicklung des demokratischen Parteiensystems in Indien schwer zu versöhnen. Um die Lage der „Dalitis“ zu verbessern, reserviert ihnen die derzeitige indische Regierung feste Kontingente an Ausbildungsund Arbeitsplätzen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens. So auch an Universitäten und in den Parlamenten. Unter solche Quotenregeln fallen heute fast 50 Prozent aller staatlichen Jobs. Rainer Aust. In: ZDF Terra X, 26.07.2009 Gandhi: Moderner Hinduismus „Meiner Meinung nach ist Unberührbarkeit in der Form, wie sie heute praktiziert wird und nicht werden sollte, kein essenzieller Teil des Hin duismus. Dahinter stehen pure Ignoranz und Grausamkeit. Ich sehe sie als einen Auswuchs des Hinduismus an. Unberührbarkeit schützt nicht die Religion, sondern erstickt sie. Sie zu bestimmten Anlässen, beispielsweise in den Tagen nach dem Tod eines nahen Verwandten zu praktizieren, ist eine andere Sache. Jeder kann sie in M3 M4 5 10 15 20 25 30 5 10 15 1 Erläutere das Problem, das in der kleinen Heirats anzeige steckt, und überlege, ob es in unserem Kulturkreis vergleichbare Probleme gibt. ➜ M1 2 Erkläre, worauf die Kastenzugehö rig keit des Einzelnen beruht. ➜ M2 3 Indien ist eine Gesellschaft im Umbruch. Informiere dich über das Kastensystem heute. ➜ M3 4 Nenne die Argumente, mit denen Gandhi zeigt, dass im Fall der Unberührbaren Diskriminierung vorliegt. ➜ M4 Glossar: Dharma, Mahatma Gandhi, Hierarchie, Kaste, Kausalität, Jawaharlal Nehru dem Maße praktizieren, wie er möchte. Unberührbarkeit in dieser Form sollte als eine hygienische Angelegenheit betrachtet werden. Zu einem mehr oder weniger großen Anteil finden sich derartige Regeln auf der ganzen Welt. Jedoch Antyajas (Kastenlose) als Unberührbare zu behandeln ist eine grausame Form des Boykotts. Welche Rechtfertigung es auch immer früher für diese Praxis gegeben haben mag, heute gibt es keine Rechtfertigung.“ Katrin Seele. In: ZDPE 01/2009, S. 33 A u fg a b e n Hinduismus im Alltag Der Hinduismus ist in jedem Aspekt des Lebens eines Gläubigen gegenwärtig. Neben den Tempeln in ihrer Umgebung haben die meisten Familien einen kleinen Schrein oder Altar in ihrem Haus. Der Schrein kann einfach nur aus einem Bild ihres Gottes bestehen. In den meisten Familien beginnt der Tag mit dem „Puja“, einem Gebet. Die Puja wird meistens bei Sonnenaufund -untergang gehalten. Es werden den Göttern Blumen und Früchte dargeboten und vor dem Bildnis der Gottheit ein Licht angezündet. Dann meditiert oder betet der Gläubige. Die Puja wird individuell von jedem Familienmitglied nach seinem eigenen Bedürfnis durchgeführt. Es wird jedoch als Pflicht der Frauen betrachtet, für das Wohlergehen ihrer Familie zu beten. Wann immer eine besondere Bitte vorzutragen oder der Tag besonders glückverheißend ist, gehen die Menschen zum Tempel und beten dort zu ihrer Gottheit. Plan International Deutschland e. V. (Hrsg.) IN F O Experteng Experteng Nu r u Pr üf zw ec ke n Ei g nt um d s C .C . B uc hn er V er la gs | |
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