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Gespräche mit Sokrates 159 1 Überlegt in einem kurzen Brainstorming: Was ist Tugend? ➜ M1 2 Erläutere an Beispielen, was für dich Tapferkeit bedeutet. ➜ M1 3 Suche Ergänzungen für die rechte Spalte und schreibe mit ihrer Hilfe eine kurze Zusammenfassung des Textes. ➜ M1 4 Sokrates zeigt, wie man mithilfe von Beispielen eine Definition überprüfen kann. Wendet dieses Verfahren an einem anderen Begriff an, z. B. Gerechtigkeit = für jeden das Gleiche. ➜ M1 5 Der Dialog mit Laches endet in der Aporie. Diskutiert, ob er deswegen auch sinnlos ist. ➜ M2 Glossar: Aporie, Tugend A u fg a b e n Sokrates: Wirst du nun behaupten, das etwas schön sei, was verderblich und schädlich ist? Laches: Gewiss mit Recht nicht, Sokrates! Sokrates: Du wirst also nicht zugeben, dass eine solche Art von Beharrlichkeit Tapferkeit sei, da sie ja nicht schön ist, die Tapferkeit aber etwas Schönes ist. Laches: Ganz wahr! Sokrates: Die kluge Beharrlichkeit also wird wohl nach deiner Behauptung Tapferkeit sein. Laches: Es scheint so. Laches muss ihm zustimmen. Beharrlichkeit kann auch ein Ausdruck von Dummheit sein. Man müsste also irgendwie Beharrlichkeit mit Klugheit kombinieren. Das ist es! Aber was bedeutet hier Klugheit? Sokrates: Wir wollen nun sehen, in welcher Beziehung diese Tapferkeit klug ist [...]. Zum Beispiel, wenn einer in kluger Verwendung seines Geldes beharrlich ist, da er weiß, dass er durch diese Verwendung gewinne, – würdest du diesen tapfer nennen? Laches: Nein, beim Zeus! Sokrates: Wie aber, wenn ein Arzt, der seinen Sohn oder einen anderen an der Lungenkrankheit zu behandeln hat und nun gebeten wird, ihm zu essen und zu trinken zu geben, sich mit Beharrlichkeit nicht erbitten ließe? Laches: Auch diese Art in keinerlei Weise. Sokrates: Aber ein Mann, der im Kriege beharrlich und zu kämpfen entschlossen ist, weil er mit Klugheit berechnet, indem er weiß, dass ihm andere helfen werden, seine Gegner aber weniger und schlechter sind als seine Mitkämpfer, außerdem auch, dass er noch das bessere Terrain hat, – würdest du wohl behaupten, dass dieser, der mit solcher Klugheit und solchen Hilfsmitteln sich beharrlich zeigt, der Tapfere sei, oder der, welcher in dem entgegenstehenden Heere noch entschlossen ist, standzuhalten und auszuharren? Laches: Der im entgegenstehenden Heere, wie mir dünkt, Sokrates. Sokrates: Und doch ist seine Beharrlichkeit unklüger als die des anderen. Laches: Das ist wahr. Gerhard Heim. In: ZDPE 03/2003, S. 243-245 Dritter Versuch: Tapferkeit ist kluge Beharrlichkeit. Erneute Prüfung: Ist jedes Beispiel für kluges und beharrliches Verhalten ein Fall von Tapferkeit? Ein aktuelles Beispiel: Ist ein Aktienhändler, der aufgrund seiner Erfahrung und seines Insiderwissens den Verkauf von Aktien be harrlich hinauszögert, um seinen Gewinn zu maxi mieren, tapfer? Dieser Feldherr verhält sich eher unklug; trotzdem kann sein Verhalten ein Ausdruck von Tapferkeit sein. Tapferkeit setzt nicht not wendig Klugheit im Sinne von Expertenwissen voraus. 30 35 40 45 50 55 5 10 Ein ergebnisloser Disput? Viele Unterhaltungen über die Tugend und das Gute landen schließlich in der APORIE (Aporia = das in das Unwegsame führende „ich weiß nicht“). Nachdem keine der vorgeschlagenen Bestimmungen sich als stichhaltig erweist, endet das Ge spräch ohne Ergebnis und Sokrates stellt zum Schluss ausdrücklich fest: „Wir haben also nicht gefunden, o Nikias, was die Tapferkeit ist.“ Die Fortsetzung des Gesprächs wird vereinbart. Dieser Schluss ist charakteristisch für alle sokratischen Gespräche. Sokrates weiß nicht, was die Tapferkeit ist. Die anderen wissen es auch nicht, aber Sokrates ist es, der ihnen erst klarmacht, dass sie es nicht wissen. Gottfried Martin, S. 17 M2 Nu r z u Pr üf zw ec k n Ei g nt um d es C .C . B u hn er V rla gs | |
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