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M 3 Ludwig XVI. wird hingerichtet. Zeitgenössischer kolorierter Kupferstich. Die Hinrichtung fand am 21. Januar 1793 auf dem „Place de la Révolution“ statt; heute heißt er „Place de la Concorde“ („Platz der Eintracht“). Zehn Monate später, am 16. Oktober 1793, wurde Marie Antoinette, die Frau Ludwigs XVI. und Tochter der Kaiserin Maria Theresia aus dem Hause Habsburg, geköpft. 1. Arbeite die unterschiedlichen Be wertungen der Hinrichtung heraus (M 1 und M 2). Erkläre diese Sicht weisen. 2. Untersuche, wie das Ereignis auf dem Kupferstich (M 3) bewertet wird. 5 10 15 20 25 5 10 15 20 25 175Mit Material arbeiten M 2 „Es lebe die Republik!“ Georg Wilhelm Böhmer, der vor der Revolution am evangelischen Gymnasium in Worms gelehrt hat, berichtet am 21. Januar 1793 aus Paris nach Mainz: Heute ist sie entschieden, jene große Wahrheit, welche die Vorurteile so vieler Jahrhunderte erstickt hatten; heute hat man endlich sich überzeugt, dass ein König nur ein Mensch und dass niemand über die Gesetze ist. Völker in Europa! Völker des Erdbodens! Betrachtet die Thronen, sehet, dass sie nichts weiter als Staub sind. Frankreich hat ein großes Beispiel den Völkern, eine wichtige Lehre den Fürsten gegeben. Möge Ludwigs Haupt der große Weltmagnet werden, der früher oder später die Häupter aller großen und kleinen, geistund weltlichen Tyrannen nach sich zieht. […] Um 5 Uhr heute Morgen wurden alle Sektionen dieser Stadt zusammenberufen. Zwischen 7 und 8 Uhr war die ganze bewaffnete Macht unter dem Gewehr, und alle Bataillone begaben sich jedes auf seinen Posten. […] Er [Ludwig XVI.] stieg sodann allein aufs Blutgerüst, die Kommissarien und selbst sein Beichtvater blieben zu den Füßen desselben. […] Mit herzhafter Miene und emporgehobenem Haupt näherte er sich dem Werkzeug seines Todes, sah umher von der Rechten zur Linken und sagte mit starker Stimme: „Franken! Ich sterbe unschuldig; ich verzeihe meinen Feinden, ich wünsche, dass mein Tod dem Volke nützlich sei.“ […] Wenige Augenblicke darauf fi el das Haupt desjenigen, um dessentwillen schon Tausende derer fi elen, die er stolz seine Untertanen nannte. Damals war es 10 Uhr 24 Minuten. Die Exekution dauerte nur einige Sekunden. Noch immer herrschte die größte Stille, aber in dem Augenblick, wo einer von den drei Scharfrichtern Ludwigs Kopf nahm und ihn den Zuschauern zeigte, erscholl ein allgemeines Geschrei: „Es lebe die Na tion! Es lebe die Republik!“, und alle Hüte wurden auf Bajonetten und Piken in die Höhe gehoben. Walter Markov, Revolution im Zeugenstand. Frankreich 1789-1799, Bd. 2: Gesprochenes und Geschriebenes, Leipzig 1986, S. 348-350 M 1 „Ich sterbe unschuldig …“ Der Geistliche, der Ludwig XVI. zum Schafott begleitet hat, schreibt in seinen Erinnerungen: Die Fahrt dauerte fast zwei Stunden. Überall am Straßenrand standen Bürger mit Piken und Gewehren in mehreren Reihen. Außerdem war der Wagen selbst von […] Soldaten umgeben […]. Um die Vorsicht auf die Spitze zu treiben, ließ man vor den Pferden eine Menge Trommler marschieren, die eventuelle Sympathie kundgebungen für den König übertönen sollten. […] Der Wagen erreichte so in vollkommener Stille die Place Louis XV. und hielt mitten auf dem Platz, den man um das Schafott* freigehalten hatte. Ringsum standen Kanonen; und dahinter sah man, so weit das Auge reichte, eine bewaffnete Menschenmenge. […] Die Stufen, die zum Schafott führten, waren äußerst steil. Der König musste sich auf meinen Arm stützen, und wegen der Mühe, die ihm das Steigen zu bereiten schien, fürchtete ich einen Augenblick, sein Mut würde schwinden. Aber wie erstaunt war ich, als ich oben auf der letzten Stufe sah, dass er sich gewissermaßen meinen Händen entzog, festen Schritts über das ganze Schafott ging, mit einem einzigen Blick fünfzehn oder zwanzig Trommler, die ihm gegenüberstanden, zum Schweigen brachte und mit so lauter Stimme, dass man es bis zum PontTournant hören konnte, die für immer denkwürdigen Worte deutlich aussprach: „Ich sterbe unschuldig an den Verbrechen, die man mir vorwirft. Ich vergebe den Urhebern meines Todes und bitte Gott, das Blut, das sie vergießen werden, möge niemals über Frankreich kommen.“ Chris E. Paschold/Albert Gier, Die Französische Revolution. Ein Lesebuch mit zeitgenössischen Be richten und Dokumenten, Stuttgart 1989, S. 260 und 262 * Schafott: Holzgerüst, auf dem Hinrichtungen stattfanden 30 4492_1_1_2013_164_191.indd 175 28.02.13 15:05 Nu r z P rü f w ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn r V rla gs | |
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