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263Höhepunkte des Kalten Krieges und die beiden deutschen Staaten Die DDR – ein diktatorischer Wohl fahrtsstaat? Glaubte man der SED, wurde „alles getan für das Wohl der Menschen, für das Glück des Volkes, für die Interessen der Arbeiterklasse und aller Werktätigen“ (Sozialpolitisches Programm von 1972). Unter Honecker versuchte die SED, den Bedürfnissen nach Konsum und sozialer Sicherheit besser als bisher gerecht zu werden. Die Mindestlöhne und Renten stiegen, Urlaub wurde verlängert und bis 1990 sollte es endlich genug Wohnungen geben. Doch blieb das Warenangebot immer hinter den Wünschen zurück. Verfallende Häuser in den historischen Innenstädten, Warteschlangen vor den Geschäften und zeitweilige Unterversorgung mit Konsumgütern kenn zeichneten den „real existierenden Sozialismus“. Privater Konsum im Vergleich In der Ausstattung mit hochwertigen Konsum gütern wie Autos oder Unterhaltungselektronik behielt der Wes ten einen deutlichen Vorsprung, auch wenn der Osten meist im Abstand einiger Jahre nachzog. Noch 1989 mussten Ostdeutsche allerdings bis zu zwölf Jahre auf ein neues, aber technisch rückständiges Auto warten. Urlaubsreisen wurden seit den 1960er-Jahren üblich. Die Bundesbürger konnten ihre Ferienorte je nach Einkommen frei wählen. Dagegen blieb der Horizont der Ostdeutschen begrenzt: Für Reisen in den Wes ten gab es kaum Genehmigungen. Während in der Bundesrepublik der „Traum vom Eigenheim“ vom Staat gefördert wurde, lebten die meisten DDR-Bürger in beengten Hochhauswohnungen („Plattenbauten“) oder unsanierten Altbauten zur Miete. Ostdeutsche „Nischengesellschaft“ Trotz bescheidener Fortschritte gelang es der SED nie, die Mehrheit der Bevölkerung für sich zu gewinnen. Freie Wahlen blieben daher undenkbar. Die von der Partei unter dem Motto „Arbeite mit, plane mit!“ ständig geforderten Aktivitäten, entsprachen nicht dem Willen der Mehrheit. Die Menschen passten sich allerdings an, um persönliche Nachteile zu vermeiden. In der Öffentlichkeit „beteten“ sie die Parolen der SED nach, insgeheim dachten viele anders. Die Familien schauten oft Westfernsehen, doch durften die Kinder darüber in der Schule nicht sprechen. So entstand allmählich eine „Nischengesellschaft“. Man zog sich in die Privatsphäre, in den Freundeskreis und die Schrebergärten („Datschen“) zurück. Weitere „Ausweichräume“ boten ansonsten nur noch die Kirchen. In diesen „Nischen“ lebten die DDR-Bürger ohne Risiko, oft in gegenseitiger Hilfe solidarisch und „geborgen“. Grenze der Leistungsfähigkeit Die DDR lebte seit den 1970er-Jahren ständig über ihre fi nanziellen Verhältnisse. Zu den Subventionen für die „sozialistischen Errungenschaften“ kamen die gewaltigen Ausgaben für das Militär und den Sicherheitsapparat zur Überwachung und Einschüchterung der Bevölkerung. Die zentral gelenkte Planwirtschaft war immer weniger in der Lage, auf die steigenden Rohstoffpreise und die beschleunigte technische Entwicklung (z. B. im Bereich der Mikroelektronik) zu reagieren. Wirtschaftliche Einbußen und Rückstände waren die Folge. Die hohen Staatsschulden konnten in der DDR nur notdürftig gedeckt werden: durch Waffenexporte und Müllimporte, Kredite aus dem Westen sowie geheim gehaltene Einnahmen für die Freilassung politischer Gefangener. Für etwa 34 000 Häftlinge zahlte die Bundesrepublik von 1963 bis 1989 3,56 Mrd. DM (= 1,8 Mrd. Euro) an die DDR. 3 Preise in der DDR von 1989. Die Preise hatten nichts mit den Kosten für die Herstellung oder die Bereitstellung von Gütern und Leistungen zu tun. ó In der DDR wurde folgender Witz erzählt: „Warum kostet eine S-Bahn-Fahrkarte bei uns 20 Pfennig und im Westen 2 Mark?“ „Bei uns musst du zehnmal fahren, um etwas zu kriegen.“ Erkläre die Pointe. DDR-Subventionswirtschaft Von je 100 Mark Kosten für Produktion und Bereitstellung werden in der DDR... ... durch Subventionen gedeckt ... vom Verbraucher bezahlt 70,– 30,– 65,– 35,– bei Verkehrsleistungen bei Wohnungsmieten 46,– 54,– bei Nahrungsmitteln 4493_1_1_2014_232_271_kap5.indd 263 07.04.14 13:18 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei e tu m d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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