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Gott in der Rechtfertigungsklemme 181 Recherchiere im Internet nach Katastrophen ver gleich bar schlimmen Ausmaßes. Halte dein Ergebnis in Form einer Text-Bild-Collage fest. ➜M1 Formuliere die sogenannte Theodizee-Frage in eigenen Worten und begründe, warum Gott sich in einer Rechtfertigungsklemme befindet.➜M1 Notiere dir die Gründe, warum sich für Spaemann Gott in keiner Rechtfertigungsklemme befindet trotz solcher Katastrophen wie Fukushima. ➜M2 Erörtert in Partnerarbeit die folgende These, indem ihr sie mit entsprechenden Antithesen konfrontiert: Wenn ein Mensch ins Unglück gerät, hat er dies sich selbst zuzuschreiben. Kritisiere Spaemann, indem du Möglichkeiten auf zeigst, in denen Vertrauen ohne religiösen Glau ben entsteht. ➜M2 Glossar: Hiob, Leibniz, Leviathan, Paradox, Psalm, Spaemann, Theodizee 1 2 3 4 5 A u fg a b e n dass ich etwas von Auschwitz oder Japan weiß, schon wenn ich zum Beispiel höre, dass ein kleines Kind von seinen Eltern auf bösartige Weise zu Tode gequält wurde. Nach Katastrophen entsteht eine gewisse Hysterie, die auf die Größenordnung schaut, da muss sich Gott speziell rechtfertigen. Bei kleineren Sachen ist man bereit, da rüber hinwegzusehen. Gott hingegen sieht über gar keine Sache hinweg. • Wie kann er es dann zulassen? Darauf gibt es eine klare biblische Antwort im Buch Hiob. Hiob fragt sich, warum ihm so viel Unglück zustößt. Seine Freunde betreiben Theodizee und erklären ihm, dass Gott gerecht ist und die Schuld bei Hiob selbst liegt, weil Gott ja nicht schuld sein kann, dass so Schreckliches passiert. Dann tritt Gott selbst auf und weist die Freunde in ihre Schranken. Er sagt: Sie haben überhaupt keine Ahnung. Sie kennen Gottes Motive nicht. In Hiobs Protest ist immer noch mehr Wahrheit als in der Theodizee der Theologen. • Und wie reagiert der bedrängte Hiob? Gott redet mit Hiob am Ende selbst unter vier Augen und fragt ihn: Wo warst du denn, als ich die Sterne gemacht habe? Als ich das Krokodil gemacht habe, das Nilpferd und den Leviathan? Hast du mir dabei geholfen? Hast du irgendeine Ahnung über den Kosmos? Diese Antwort stößt Hiob nicht ab, sondern sie bringt ihn zur Besinnung: Er vertraut auf Gott, trotz allem, was geschieht. Seine Frau sagt ihm: Verfluche Gott und stirb. Hiob aber sagt: Wir haben von ihm das Gute genommen, sollten wir dann nicht auch das Böse annehmen; der Name des Herrn sei gepriesen. Ein ermordeter Jude in Auschwitz schrieb in einem herausgeschmuggelten Testament: Gott, mach mit uns, was du willst. Du wirst es nicht schaffen, dass wir aufhören, dich zu loben. Dieses gewaltige Paradox versteht nur ein Gläubiger. • Die Gnade des Glaubens liegt also darin, auch in der Not im Vertrauen bleiben zu können? Vertrauen – das ist das A und O des Glaubens. • 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 Mit Gott lässt sich auch hadern, etwa wenn wir in die Psalmen und Klagelieder schauen. Was lässt sich daraus für diese Tage schöpfen? Wir können unsere Klagen vor Gott bringen. Sie trennen uns nicht von ihm. Wir müssen nicht sagen: Ich kann sowieso nicht in Gottes Geheimnisse schauen, also brauche ich mich nicht dafür zu interessieren. Sondern umgekehrt: Ich kann das Leiden und mein Unverständnis vor Gott bringen. • Das Leid also in die Beziehung hineinnehmen, es vor ihm aussprechen ... Natürlich. Das kann bis zum Hadern gehen. Es ist interessant, dass in den Psalmen immer wieder Gott angerufen wird, uns zu helfen: „um deines Namens willen“. Es wird an Gottes Eigeninteresse appelliert: Du kannst doch nicht wollen, dass die Heiden sagen: Wo ist denn ihr Gott? Deine eigene Ehre steht ja auf dem Spiel. Oft macht der Psalmist, der Gott anruft, Gott gegenüber Gott geltend. Er sagt: Du bist Gott, das impliziert Verpflichtungen. Wir können zwar nicht genau sagen, welche, aber wir müssen vertrauen, dass er auch tun wird, was er sich selbst schuldig ist. nach Robert Spaemann N u r zu P rü fz w e c k e E ig e n tu m d e C .C . B c h n r V e rl a g s | |
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