Volltext anzeigen | |
29 Kasuistik – wenn es auf den Fall ankommt A u fg a b e n abstrakter Regeln, sondern in entsprechenden Situationen im Umgang mit anderen Menschen. Wir sind daher mit musterhaften, sogenannten paradigmatischen Fällen vertraut, in denen die Anwendung der Regeln eindeutig ist. nach Theda Rehbock, S. 204 Die Fallgeschichte „Aufwachen lassen“ Auf einer kardiologischen Intensivstation wird nachmittags die 65-jährige Patientin, Frau Crohn, aufgenommen. Der Erstbefund lautet: Unklares Abdomen mit massiven Bauchschmerzen. Sie soll noch am selben Tag operiert werden und dann wieder auf die Station zurückkommen, da auf der chirurgischen Intensivstation kein Bett frei ist. Auf der kardiologischen Intensivstation sind in dieser Nacht, neben den anderen Patientinnen und einer Kollegin, die nicht weiter in den Fall involviert ist, der erfahrene Intensivpfleger Herr Brand und der Dienstarzt Dr. Arendt anwesend. Letzterer absolviert einen seiner ersten selbstständigen Nachtdienste und hat erst drei Wochen Erfahrung auf der Intensivstation. Er gilt als perfektionistisch, möchte tunlichst keinen Fehler machen, aber auch keine Hilfe annehmen. Dabei erweckt er gelegentlich noch den Eindruck, von der Situation aber auch von den eigenen Ansprüchen überfordert zu sein. Frau Crohn wird um 21:30 Uhr in den OP gefahren und kommt nach einer Stunde schon wieder auf die Station zurück. Die Chirurgen haben den Bauch nur geöffnet und wieder verschlossen. Aufgrund der ausgeprägten krebsartigen Wucherungen im gesamten Bauchraum schien ihnen keine Operation mehr sinnvoll. Sie halten eine Lebenserwartung von längstens vier Wochen für realistisch. Frau Crohn kommt in sehr schlechtem Zustand aus dem OP zurück, sie wird nachbeatmet, die Nierenfunktion ist zunehmend eingeschränkt und sie braucht Katecholamine. Dr. Arendt beschließt, die Patientin aufwachen zu lassen, sie über ihre Situation M3 aufzuklären und ihr die Möglichkeit zu geben, sich von ihrer Tochter zu verabschieden. Die Tochter, Frau Zeiler, wird verständigt und kommt auf die Station. Herr Brand, der für die Pflege von Frau Crohn zuständig ist, hält die Prognose und das Vorgehen von Dr. Arndt nicht für richtig. Die Prognose scheint ihm zu optimistisch, die Planung blauäugig. Nach seiner Einschätzung würde Frau Crohn einen langen und unangenehmen Aufwachprozess (Extubation!) erleben müssen, bei dem unklar ist, ob sie nicht währenddessen oder davor stirbt. Er weist auf die schlechte Nierenfunktion und den Katecholaminbedarf der Patientin hin. Dr. Arendt beharrt auf seiner Position. Herr Brand insistiert weiter, dass Frau Crohn nicht zwangsläufig der unangenehmen Prozedur des Aufwachenlassens unterzogen werden müss te. Ihre Prognose sei viel schlechter, als Dr. Arendt behauptet. Es kommt zu keine Annäherung. Dr. Arendt nimmt keinen Rat an und verfährt wie geplant. Frau Zeiler wird von ihm über das geplante Vorgehen informiert und verlässt im Laufe der Nacht die Station. Sie kommt erst am nächsten Tag wieder, an dem ihre Mutter verstirbt, ohne nochmals erwacht zu sein. M. Müller, S. 89f Informiere dich über Kasuistik und stelle deine Informationen in Form eines Plakats dar. ➜M1, M2 Analysiere die Fallgeschichte nach folgenden Aspekten: • Erzählperspektive • Ausführlichkeit • Tatsachen/Hypothesen • Beteiligte ➜M3 Die Fallgeschichte wirkt durch die Art ihrer Darstellung emotionalisierend und polarisierend. Spielt im Rollenspiel die gleiche Situation aus der Sicht des Arztes und der Tochter. ➜M3 Bestimmt nach dem Rollenspiel erneut den ethischen Problemgegenstand und entwickelt eine eigene Lösung. ➜M3 Glossar: paradigmatisch 1 2 3 4 15 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 N u r zu P rü fz w e c k n E ig e n tu m d e s C .C . B u c h n e r V e rl a g s | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |