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Gleichzeitig verbreitete sich die lateinische Sprache in Europa: Latein war und blieb die Sprache der Bibel und des Gottesdienstes. Und da die allermeisten Gelehrten Geistliche waren, wurde Latein auch die Sprache der mittelalterlichen Wissenschaften, die man überall in Europa unter Gebildeten verstand und in der auch weltliche Herrscher ihre Urkunden und andere Rechtstexte verfassen ließen. Manches antike Wissen geriet allerdings auch in Vergessenheit, wurde im Lauf der Zeit nicht mehr verstanden oder abgelehnt. Vieles überlebte aber in den Bibliotheken der Klöster und Bischofssitze – schon alleine deshalb, weil die Pergamenthandschriften zu wertvoll waren, um einfach weggeworfen zu werden. Sie wurden am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit von den sogenannten Humanisten wiederentdeckt, die sich bewusst der Antike zuwandten und in den antiken Autoren ihre Vorbilder sahen. Die Weitergabe von Wissen und Denkmethoden der Antike verlief in nach antiker Zeit auch über die Araber, die über das muslimische Spanien bis in das hohe Mittelalter einen großen Einfl uss auf die geistige Entwicklung des Abendlandes ausübten. Die Araber hatten – oft mit jüdischer Unterstützung – begonnen, altgriechische, indische und persische Texte in ihre Sprache zu übersetzen. So bewahrten sie viele antike Werke für die Nachwelt. Seit dem ausgehenden 10. Jahrhundert zogen wiederum christliche Gelehrte ins muslimische Spanien, um naturwissenschaftliche, mathematische, medizinische und philosophische Studien zu betreiben und arabische Werke ins Lateinische zu übersetzen. Arabische und jüdische Gelehrte brachten ihrerseits erhaltene Schriften in westliche Universitäten, wo sie der Philosophie, Geometrie, Astronomie und Medizin neuen Boden bereiteten. Besonders die Gedankenwelt von Aristoteles setzte sich auf diesem Wege durch, obwohl die Kirche die Vorstellungen des Philosophen zur Entstehung des Universums nicht guthieß und immer wieder verbot. Aristoteles vertrat die Auffassung, dass sich göttliches Wirken und naturwissenschaftliche Erklärung nicht automatisch ausschließen müssen. Vor allem an der Universität Paris fand das aristotelische Werk eine große Anhängerschaft. Überhaupt waren die Universitäten seit dem 12. Jahrhundert Heimstätten eines Denkens, das der Autorität des religiösen Weltbildes die Instanz der Vernunft an die Seite stellte. Die so geprägte Philosophie wird zuweilen sogar als „Aufklärung des Mittelalters“ bezeichnet. Das ebnete den Weg für humanistisches und frühaufklärerisches Gedankengut der Neuzeit. u Klösterliche Schreibwerkstatt. Initialen einer Bibel, die um 1255 in Hamburg entstanden sein dürfte. Bis ins späte Mittelalter waren Klöster die wichtigsten Bildungsund Schreibstätten, in denen viele Bücher in mühevoller Arbeit kopiert und, wie hier dargestellt, verziert wurden. Oft schmücken kleine Bilder die Anfangsbuchstaben (Initialen) neuer Abschnitte in den Handschriften. Weil dafür viel Mennige (lat. minium), eine rote Farbe, verwendet wurde, nannte man diese Bilder Miniaturen. 15Antike Grundlagen europäischen Denkens im Überblick Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge tu d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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