Volltext anzeigen | |
5 10 15 20 25 30 35 40 45 5 10 15 20 25 27Rex et sacerdos? Weltliche und geistliche Macht trennen sich M4 Brief Gregors VII. an Heinrich IV. Nachdem König Heinrich IV. im Jahr 1071 den erzbischöfl ichen Stuhl in Mailand mit einem vom Papst exkommunizierten Kandidaten besetzt hat und entgegen Zusicherungen 1075 erneut einen eigenen Kandidaten aus der königlichen Hofkapelle für den Mailänder Erzstuhl ernennt, sendet ihm Papst Gre gor VII. im Dezember 1075 folgendes Schreiben: Bischof Gregor, Knecht der Knechte Gottes, [entbietet] König Heinrich Gruß und apostolischen Segen, jedoch nur, wenn er dem apostolischen Stuhl gehorcht, wie es sich für einen christlichen König geziemt. Wenn wir überlegen und sorgfältig bedenken, dass wir dem strengen Richter Rechenschaft ablegen müssen über die Verwaltung des Dienstes, den uns der heilige Petrus, der Apostelfürst, übertragen hat, senden wir Dir nur unter Zweifel den apostolischen Segen, da Du nach dem Urteil des apostolischen Stuhles und einer synodalen Untersuchung als jemand bezeichnet wirst, der wissentlich Gemeinschaft mit Exkommunizierten1 hält. Wenn dies wahr ist, kannst Du – wie Du selber weißt – weder die Gnade göttlichen noch apostolischen Segens empfangen, es sei denn, Du würdest zuerst die Exkommunizierten von Dir trennen und zur Buße zwingen und bezüglich Deiner Verfehlung durch angemessene Reue und Wiedergutmachung Absolution2 und Nachlass erlangen. Daher geben wir Deiner Erhabenheit den Rat, dass Du Dich, falls Du Dich in dieser Sache schuldig fühlst, durch baldiges Schuldbekenntnis um Rat an einen kirchlich gesonnenen Bischof wendest, der Dir mit unserer Erlaubnis eine angemessene Buße für diese Schuld auferlegt, Dich losspricht und uns mit Deiner Zustimmung das Maß Deiner Buße wahrheitsgemäß in einem Brief mitteilen mag. Im Übrigen scheint es uns höchst sonderbar, dass Du uns so zahlreiche Briefe voll Ergebenheit und durch die Gesandten Deiner Erhabenheit Worte voll solcher Demut übermitteln lässt, Dich einen Sohn der heiligen Mutter Kirche und unseren nennst, in Treue untergeben, in der Liebe einzigartig und vorzüglich in der Ergebenheit, und Du Dich schließlich mit Worten der Liebe und Ehrerbietung empfi ehlst, in der Sache selbst aber und im Handeln als trotzig, den kanonischen und apostolischen Verfügungen in dem, was die kirchliche Religiosität am meisten fordert, als widerspenstig zeigst. Denn, vom Übrigen ganz zu schweigen, wie Du das geachtet, was Du uns in der Mailänder Angelegenheit durch Deine Mutter und durch unsere bischöfl ichen Mitbrüder, die wir zu Dir entsandt haben, versprochen hattest, und in welcher Gesinnung Du das versprochen hast, das zeigt die Sache selbst. Und nun fürwahr, um Wunde auf Wunde zuzufügen, hast Du gegen die Vorschriften des apostolischen Stuhls die Kirchen von Fermo und Spoleto, wenn überhaupt von einem Menschen eine Kirche geschenkt oder vergeben werden kann, an Personen übertragen, die uns noch unbekannt sind und denen die Hand vorschriftsgemäß aufzulegen nicht erlaubt ist, wenn sie nicht bewährt und vorher wohl bekannt sind. Johannes Laudage und Matthias Schrör (Hrsg.), Der Investiturstreit. Quellen und Materialien (Lateinisch – Deutsch), Köln 22006, S. 104 113, Nr. 29 1. Arbeiten Sie heraus, wogegen sich Papst Gregor VII. in dem Schreiben wendet. Welche Argumente führt er gegen Heinrich IV. an? 2. Charakterisieren Sie Gregors Wortwahl. 3. Beurteilen Sie sein Vorgehen. M5 „Steige herab!“ König Heinrich IV. antwortet Papst Gregor VII. mit einem Brief vom 27. März 1076: Heinrich nicht durch widerrechtliche Aneignung, sondern durch Gottes rechtmäßige Anordnung König, an Hildebrand, nicht mehr Papst, sondern den falschen Mönch. [...] Du schrecktest nicht nur nicht davor zurück, die Lenker der Kirche, nämlich Erzbischöfe, Bischöfe und Priester, gleichsam Gesalbte des Herrn, anzutasten, nein, wie Knechte, die nicht wissen, was ihr Herr treibt, zertratest Du sie unter Deinen Füßen. Durch diese Misshandlung gewannst Du den Beifall aus dem Mund des Pöbels. Sie alle hältst Du für unwissend, aber nur Dich allein für allwissend, doch dieses bemühtest Du Dich nicht zum Aufbau, sondern zur Zerstörung zu gebrauchen; deshalb glauben wir mit Recht, der heilige Gregor, dessen Namen Du Dir angemaßt hast, habe dies über Dich prophezeit, als er sagte: „Durch den Überfl uss der Untergebenen wird der Geist der Vorgesetzten häufi g hochfahrend und meint, er wisse mehr als alle, wenn er sieht, dass er mehr als alle kann.“ Und wir haben dies alles erduldet, während wir uns bemühten, die Ehre des apostolischen Stuhls zu bewahren. Aber Du hast unsere Demut als Furcht ausgelegt und Dich nicht gescheut, Dich sogar gegen die uns von Gott vergebene königliche Herrschaft zu erheben, Du hast anzudrohen gewagt, Du würdest uns sie wegnehmen, als ob wir das Königtum von Dir empfangen hätten, als ob in Deiner und nicht in Gottes Hand sowohl Königals auch Kaisertum seien. Dieser unser Herr Jesus Christus hat uns zum Königtum, Dich aber nicht zur geistlichen Herrschaft berufen. [...] 1 Der Papst spielt auf königliche Ratgeber an, die bereits unter Gregors Vorgänger Alexander II. exkommuniziert worden waren. 2 Absolution: Freispruch, Lossprechung von einer Sünde Nu r z P üf zw ec ke n Ei g tu m es C .C .B uc hn er V rla gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |