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Was wir über die Germanen, Arminius und die „Schlacht im Teutoburger Wald“ wissen, wissen wir nur aus antiken römischen Schriften (u M1, M2). Schriftliche Quellen der Germanen gibt es nicht. Wo genau die unter Arminius vereint kämpfenden germanischen Völker den Sieg über die Römer errangen, ist bis heute umstritten. Tacitus nennt den Teutoburger Wald als Ort der Varusschlacht. Dort, wo heute das Hermannsdenkmal steht, fand sie jedoch mit Sicherheit nicht statt. Archäologen konnten dort keinerlei Spuren eines Kampfes fi nden. Stattdessen weisen römische und germanische Funde immer deutlicher auf Kalkriese bei Osnabrück als Ort einer großen Schlacht dieser Zeit hin. Ob es sich dabei um die Varusschlacht handelt, darüber sind sich die Forscher allerdings nicht einig. Arminius: „Befreier Germaniens“? „Er war zweifellos der Befreier Germaniens, der nicht die Anfänge des römischen Volkes, wie andere Könige und Führer, sondern das Reich in vollster Blüte herausgefordert hat, in Kämpfen mit wechselndem Erfolg, im Krieg aber unbesiegt.“ Mit diesen Worten rühmt Tacitus in seinen Annalen den Cherusker Arminius als großen Rivalen Roms. Das von Tacitus überlieferte Bild prägt vielfach bis heute die Vorstellungen der historischen Ereignisse und der Person des Arminius. Lange galt die Niederlage der Römer als Anfang vom Ende ihrer Herrschaft in Germanien, als „Wendepunkt der Geschichte“ und Arminius als „Befreier Germaniens“. Möglicherweise trug die verlorene Varusschlacht tatsächlich dazu bei, dass der mittlere und nördliche Teil Deutschlands und Europas nicht römisch wurden, denn die Römer zogen sich – wenn auch erst einige Jahre später unter Kaiser Tiberius – an den Rhein zurück. Einfl uss auf Germanien behielten sie aber trotzdem, nämlich über das erprobte Mittel der Verträge mit benachbarten Völkerschaften. Einen historischen Wendepunkt markiert das Jahr 9 n. Chr. jedoch nicht. Auch die Vorstellung von einem Freiheitskampf des „germanischen Volkes“ widerspricht den historischen Tatsachen. Der Widerstand gegen die römischen Besatzer war keine Sache des Volkes, denn ein „germanisches Volk“, das sich zusammengehörig fühlte, gab es nicht; der von Arminius geführte Aufstand war vielmehr eine Angelegenheit von Führungsgruppen germanischer Stämme, die ihre Stellung durch die römischen Besatzer bedroht sahen und gegen diese Kampfverbände mobilisierten. Interne Stammesrivalitäten und Auseinandersetzungen zwischen pround antirömischen Gruppen verhinderten zudem einen geschlossenen germanischen Widerstand. Gerade im Familienclan des Arminius scheint es große Führungsrivalitäten gegeben zu haben: Um das Jahr 21 n. Chr. wurde Arminius von seinen Verwandten ermordet. „Germanen“ und „Deutsche“ Wie die Teilnehmer der Einweihungsfeier des Hermannsdenkmals 1875 betrachteten sich die meisten Deutschen im 19. Jahrhundert als Teil eines Volkes, dessen Wurzeln bis zu den „Germanen“ und ihrem „Gründungsvater“ Arminius zurückreichten. Dabei hat es „die Germanen“ nie gegeben, sondern lediglich das von den Römern geprägte „Bild“ von ihnen. Seit sie um die Mitte des 1. Jahrhunderts die Völker links des Rheins unterworfen hatten, bezeichneten die Römer die unterschiedlichen Stämme jenseits des Rheins pauschal als „Germanen“. Es gibt keinerlei Belege dafür, dass sich diese Völkerschaften selbst so bezeichneten. Obwohl Wissenschaftler vorgeschlagen haben, auf diese Fremdbezeichnung zu verzichten, wird sie doch bis heute beibehalten. i Das Hermannsdenkmal bei Detmold. Foto von 2006. Unterbau und Figur sind knapp 54 m hoch. Auf dem Schwert steht: „Deutsche Einigkeit meine Stärke, meine Stärke Deutschlands Macht.“ Unter einem Relief Wilhelms I. befi ndet sich die Inschrift: „Der lang getrennte Stämme vereint mit starker Hand / Der welsche Macht und Tücke siegreich überwandt / Der längst verlorne Söhne heimführt zum Deutschen Reich / Armin, dem Retter ist er gleich.“ p Erläutern Sie, welche historischen Parallelen mit dem Spruch gezogen werden. Was bedeutet „welsch“? 55Mythen der Nationen: Arminius – „Gründungsvater“ der Deutschen? Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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