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betrachten betend oder andächtig die Himmelfahrt. Maria schwebt über ihren Köpfen in einer von Engeln getragenen Lichtwolke, die Maria wie ein Strahlenkranz umschließt. Mit gesenktem Blick nimmt sie Abschied von den Aposteln. Beide Maler teilten die Bildtafel in eine irdische und himmlische Zone, dabei fassten sie die Himmelfahrt unterschiedlich auf: Was bei Palma il Vecchio mit einem symmetrischen Bildaufbau, ausgewogener Lichtregie und harmonischer Farbverteilung entsteht, ist eine dem Zeitgeschmack entsprechende, würdevolle Wiedergabe der Mariä Himmelfahrt. Farbe als Mittel der Bildregie Auch Tizian komponierte sein Bild um die Mittelachse herum und verteilte die Farben symmetrisch, dennoch besitzt seine Himmelfahrt eine dramatische Gegenwart, die den Auftraggebern nicht behagte. Aus der Mitte der Apostel gerissen, vom himmlischen Sog ergriffen, Gottvater in die Arme getrieben: Dieser leidenschaftliche, ja geradezu rauschende Auftritt Marias im Licht himmlischer Scheinwerfer entsprach kaum der Vorstellung einer würdigen Gottesmutter. Die Dynamik im Bild wird noch auf andere Weise erzeugt: Das beginnt in der unteren Bildzone mit einem scharfen Wechsel von Licht und Schatten. So heben sich Profi le und Arme dunkel gegen den hellen Himmel ab. Die Figur des Petrus fällt in den Schatten der vorderen Rückenfi gur und bewirkt eine dunkle Zäsur in der Bildmitte. Dagegen hebt sich der rot-grüne Farbakkord der Mäntel rechts und links von der Mitte umso stärker ab und lenkt den Blick auf das rote Gewand der Maria. Und jetzt passiert das Wunder: Stehen Marias Füße noch auf dem irdisch in Weißgrau gefärbten Wolkenband, so taucht ihr Körper bereits in das allumfassende Gelb der göttlichen Aureole*: das Kleid, der Mantel und das Gesicht. Es ist das göttliche Goldgelb, das wie Gottvater aus der unendlich hellen Tiefe des Himmels steigt und Maria nicht nur als Aureole umschließt, wie bei Palma il Vecchio, sondern ihren Körper und ihre Seele durchdrungen hat. Kann man eine leibliche Aufnahme in den Himmel sinnlicher darstellen? Tizian setzte die Farbe als Mittel der Bildregie ein. Ein Kunstgriff, für den der Maler der Lagunenstadt bis heute verehrt wird und der ihn zu seiner Zeit in Konkurrenz zu den Malern in Florenz brachte, wo man der Zeichnung und der Linie mehr Bedeutung zumaß als der Farbe. 1 Analysieren Sie, mit welchen bildnerischen Mitteln die Bewegung in Tizians Himmelfahrt (Abb. 1) ins Bild kommt. Fertigen Sie erklärende Skizzen hierzu an. 2 Vergleichen Sie die beiden vorgestellten Werke (Abb. 1 und 2) mithilfe von Analyseskizzen. Achten Sie dabei besonders auf den Einsatz der Farben und des Lichts sowie der Perspektive. Bestimmen Sie den jeweiligen Betrachterstandpunkt. 2 Jacopo Palma il Vecchio (eigtl. Jacopo Negretti): Maria Himmelfahrt, 1513 Öl auf Holz, 191 x 137 cm, Galleria dell’Accademia, Venedig N u r zu P rü fz w e c k e n E ig e tu m d e s C .C .B u h n e r V e rl a g s | |
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