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2 Kathedrale in Amiens, Mittelportal der Westfassade, Statue des Christus, um 1220/1230 Schon bald wurden ganze Fassaden mit hunderten von Einzelfi guren und szenischen Darstellungen überzogen. Bis heute prägen sie das Außenbild der französischen Kathedralen. Im Zentrum dieser großen Bilderwelten steht fast immer das Portal (lat. porta = Tür). Das Gerichtsportal in Amiens Die ab 1220 errichtete Westfassade der Kathedrale von Amiens in Nordfrankreich ist ein besonders reiches Beispiel hierfür (Abb. 1). Die drei riesigen Portale sind geradezu übersät von steinernen Figuren unterschiedlichen Ausmaßes. Die Bilderfl ut ist in eine strenge Ordnung eingebunden: Medaillons mit fl achen Reliefs* auf dem Sockel, darüber überlebensgroße Figuren unter Baldachinen*, die im Rücken mit den Säulen verbunden sind. Der Portaltrichter setzt sich aus gestaffelten Bögen zusammen, die von einer Großzahl von Figuren bevölkert werden. Das Tympanon über dem Eingang besteht aus szenischen Darstellungen, die in drei Reihen übereinander angeordnet sind. Format, Rahmung und Reliefhöhe gliedern die Einzelfi guren in Themengruppen. Das Mittelportal ist nicht nur architektonisch hervorgehoben, es ist auch der Schlüssel zum Verständnis der gesamten Fassade, ja sogar der ganzen Kirche. Ein mächtiger Christus am Eingang Ein über Löwe und Drache triumphierender Christus bewacht als zentrale Figur am Mittelpfosten den Eingang zur Kirche (Abb. 2). Er ist mit 2,60 m Höhe die größte Figur des gesamten Portals. Christus steht auf den Zinnen eines Turmes, seine linke Hand hält ein Buch, die rechte ist zum Segen erhoben. Diese Elemente gehen auf verschiedene schriftliche Quellen zurück. Löwe und Drache spielen auf den Sieg über das Böse an, wie er im Alten Testament bereits in Psalm 91, 13 beschrieben wird: „Du schreitest über Löwen und Nattern, trittst auf Löwen und Drachen“. Die Zinnen verweisen wiederum auf eine Stelle im Matthäusevangelium. Der Teufel versucht dort Christus als Gottesbeweis zum Sprung von den Zinnen zu verführen: „Bist Du Gottes Sohn, so stürze Dich hinab“ (Mt. 4, 6). Christus widersteht aber und wird so zum Sieger über die Versuchung des Satans. Das Buch in der Hand Christi weist auf das Johannesevangelium: „Das Wort Gottes ist Fleisch geworden“ (Joh. 1,14). Es steht für das Wort Gottes, auf das die Schöpfung überhaupt wie auch das Erscheinen Christi zurückgeht. Der Segensund Befehlsgestus ist ein Zeichen für die göttliche Machtvollkommenheit. Bereits auf den frühchristlichen Ikonen* ist Christus N u r zu P rü fz w e c k e n E ig e n tu m d e s C .C .B u c h n e r V e rl a g s | |
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