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Jan van Eyck und die Ölmalerei Die „Madonna des Georg (Joris) van der Paele“ ist ein gutes Beispiel für so eine Stiftung (Abb. 1). Das Bild wurde 1436 von dem bereits berühmten Maler Jan van Eyck (um 1390 1441) in der damals noch neuen Öltechnik angefertigt. Die in Öl gebundenen Pigmente wurden in mehreren dünnen, durchscheinenden Schichten aufgetragen, bis sich eine bis dahin un bekannte räumliche Tiefe und Strahlkraft der Farben ergab. Aufgrund des erforderlichen Zeitaufwands und der hohen Materialkosten war die Ölmalerei sehr teuer. Der Stifter und sein Auftrag Die Stiftung bezog sich auf den Altar* der Familie van der Paele im Langhaus der Kirche St. Donatian in Brügge. Sie beinhaltete neben dem Bild auch kostbare liturgische Gegenstände und die Verpfl ichtung eines Priesters, hier regelmäßig Messen zugunsten der Familie zu lesen. Das Bild zeigt zentral unter einem Stoffbaldachin* Maria in rotem Mantel mit dem nackten Kind im Chor* einer Kirche thronend. Zu Seiten stehen zwei Heilige: Donatius, der Patron der Kirche, und Georg, der Namenspatron des Stifters. Donatius auf der linken Seite im blau-goldenen bischöfl ichen Gewand hält ein Rad mit Kerzen. Georg rechts trägt eine glänzende Rüstung, in seiner Armbeuge lehnt eine Kreuzfahne. Mit seiner rechten Hand hebt er den Helm zum Gruß, mit der Linken empfi ehlt er den neben ihm knienden Georg van der Paele an Maria. Eine über den Arm geworfene Pelzstola weist auf den hohen sozialen Stand des sonst in ein bescheidenes weißes Chorhemd gekleideten Stifters hin. In seinen Händen liegt ein Gebetsbuch, van der Paele hat seine stille Lektüre bereits beendet, seine Brille abgenommen und schaut nun meditierend ins Leere. Die sanften Blicke von Maria und dem Kind ruhen auf dem Stifter. Ihre Hände spielen mit einem Blumenstrauß und einem Papagei. Der Bezug von Bild und Altar Wenn man die botanischen Bezeichnungen Cruzifere (Kreuzblume) und Nagelblume kennt, wird der Hinweis auf die Kreuzigung deutlich. Der Papagei, der das lateinische Wort „Ave“ (Gegrüßt seist du) sprechen kann, spielt auf die Verkündigung an Maria und damit auf die Fleischwerdung Christi an. Hier ist auch ein ganz konkreter Bezug auf die Messfeier gegeben, die am Altar vor dem Bild zelebriert wurde. Beim Abendmahl hob der Priester unmittelbar vor der Wandlung die Hostie vor die Stelle im Bild, wo das Christuskind dargestellt ist. Der rote Mantel Mariens und das weiße Tuch, auf dem das Kind sitzt, entsprechen farblich dem Wein und der Hostie. Das weiße Tuch Christi entspricht dem weißen Tuch (Corporale) auf dem der Kelch beim Abendmahl steht. Die Farbe weiß erlaubt noch weitere Analogien: Sie bezieht das Christuskind und die Kreuzfahne als Zeichen für den Sieg des Christentums auf den in weiß gewandeten Stifter, dessen Chorhemd wiederum auf die tatsächliche Liturgie* verweist. Es entsteht ein enges Beziehungsgefl echt zwischen der regelmäßig vor dem Bild gefeierten Messe, dem Stifter und der Maria. Täuschend real erscheinende Dinge im Bild Die herausragende Eigenschaft der Malerei ist die beeindruckend realistische Darstellungsweise. Jan van Eyck hat es mit größter technischer Virtuosität zu einer bis dahin nicht gekannten künstlerischen Meisterschaft gebracht. Die einzelnen Gegenstände sind stofflich so überzeugend wiedergegeben, dass der Betrachter meint, sie greifen zu können. Die Oberfl äche der Säulen erscheint glatt und kalt, der Pelz voluminös und warm, die Haut der Personen je nach Alter speckig weich oder faltig ledern. Besonders überzeugend wirkt die Differenzierung der Gewänder: der wechselnde Schimmer auf der Seide des Bischofs, der matte N u r zu P rü zw e c k e n E ig e n tu m d e s C .C .B u c h n e r V e rl a g s | |
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