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205Mit Material arbeiten M 5 Freizeit im Westen. Foto aus Dortmund von Josef H. Darchinger, 1959. Mopeds, Rockmusik und Sport interessierten die Jugendlichen in Ost und West. M 1 Nachkriegszeit Bernd Rabehl, Ende der 1960er-Jahre einer der Wortführer der Studenten bewegung in der Bundesrepublik, erinnert sich um 1980 an seine Nachkriegszeit in der SBZ: Eine Familie im traditionellen Sinn existierte zu diesem Zeitpunkt kaum. Die Väter waren in Gefangenschaft, verschollen, gefallen, abgehauen oder selbst in einer moralischen Krise, die alle väterlichen Funktionen unterlief. Die Mütter sorgten für die Ernährung. […] Wir waren frei, auf uns selbst gestellt, frei von unmittelbaren Disziplinzwängen der Schule, frei auch weitgehend von dem familiären Druck, keineswegs frei von Ängsten und Aggressionen. Bernd Rabehl, „Schattenspiele. Mühseliges Erinnern an die fünfziger Jahre“, in: Götz Eisenberg/Hans-Jürgen Linke (Hrsg.), Fuffziger Jahre, Gießen 1980, S. 166 M 2 Kampf um die Jugend Der Funktionär Paul Verner stellt im April 1948 auf einer Tagung des SED-Parteivorstandes fest: Die Jugendpolitik unserer Partei und der Freien Deutschen Jugend muss sich in drei Richtungen bewegen, wenn Demokratie und Fortschritt eine noch wesentlich breitere Basis in der Jugend fi nden sollen. Einmal in der Richtung der poli tischen Aufklärung und Erziehung, zweitens in der Richtung der stärkeren Einbeziehung der Jugend für die Lösung der Aufgaben des wirtschaftlichen Aufbaus […]. Drittens in der Richtung der wesentlich breiteren Entfaltung der kulturellen Tätigkeit […]. Dem reaktionären Gedankengut müssen wir stärker als bisher das neue, das bessere und erstrebenswertere Ideal gegenüberstellen, um das Sehnen der Jugend zu entfachen und ihnen einen neuen Weg zu zeigen. Das Bessere und Höhere, das wir vor sie stellen müssen, kann nur unsere sozialistische Weltanschauung, unser Weltbild sein. Zit. nach: Ulrich Mählert/Gerd-Rüdiger Stephan, Blaue Hemden – Rote Fahnen. Die Geschichte der Freien Deutschen Jugend, Opladen 1996, S. 62 f. M 3 Unter amerikanischem Einfl uss Der Historiker Arne Andersen schreibt über die 1950er-Jahre in West deutschland: Die US-Soldaten hatten ihr Image in den Besatzungsjahren durch Kaugummis, Süßigkeiten, Schokolade, Lebensmittel und Zigaretten geprägt […]. Bei der jungen Generation bildete sich in den ersten Nachkriegsjahren eine deutlich positive Haltung zu den USA heraus. Daran hatten auch die vielen amerikanischen Jugendclubs in der Besatzungszone nicht unerheblichen Anteil, die mit Ausfl ügen, Tanzveranstaltungen und Sportkursen den deutschen Jugendlichen wieder ein umfangreiches Freizeitprogramm anboten. Nichts war mehr von oben verordnet, und die amerikanischen Beigaben bei Veranstaltungen wie Kakao und Schokolade erhöhten den Reiz der Mitgliedschaft in diesen Clubs beträchtlich. Arne Andersen, Der Traum vom guten Leben. Alltagsund Konsumgeschichten vom Wirtschaftswunder bis heute, Frankfurt a. M. 1997, S. 213 f. 1. Nenne Faktoren, die Kindheit und Jugend in den 1950erJahren in Ostund Westdeutschland beeinfl ussten (M 1 bis M 5). 2. Vergleiche die jugendpolitischen Vorstellungen (M 2 und M 4) und nimm dazu schriftlich Stellung. M 4 Jugendpolitik des Bundes Im Oktober 1957 äußert sich Bundes innenminister Gerhard Schröder (CDU) über das Verhältnis von Jugend und Staat: Die untergründigen Nachwirkungen unserer jüngsten Vergangenheit machen es einer staatlichen Hilfe für die Jugend schwieriger als zu anderen Zeiten. Zwar konnten im wirtschaftlichen Bereich die Aufgaben schnell angepackt und gelöst werden. Aber bei allen anderen Fragen, die den jungen Menschen aus ihrem Lebensbereich aufgetragen sind, konnte nur sehr behutsam eine Hilfestellung gegeben werden. Für die kameradschaftliche Erziehung und Selbsterziehung etwa oder für die Entwicklung eines eigenen Lebensbildes sollten die Jugendlichen selbst Weg und Gangart wählen. Denn es liegt uns ja völlig fern, eine „Staatsjugend“ heranzuziehen. […] Unser Staat wird stets zur Initiative ermuntern, er wird für jedes Anliegen ein offenes Ohr haben, er wird anregen und fördern – aber er wird seine Sorge für die Jugend selbstverständlich nie in die Formen der Reglementierung kleiden dürfen, die ihr von totalitären Systemen gegeben werden. Ein anderer als der von uns mit Erfolg beschrittene Weg ist für eine freiheitliche Demokratie nicht gangbar. Zit. nach: Werner Bührer (Hrsg.), Die Adenauer-Ära. Die Bundes republik Deutschland 1949-1963, München 1993, S. 258 5 5 10 5 10 15 5 10 15 31013_1_1_2015_164_227_kap4.indd 205 26.03.15 15:31 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V rla gs | |
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