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244 Die Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland und Europa 5 10 M3 Die Bedeutung der Autobahn Der rheinische Schwerindustrielle Fritz Thyssen, ein wichtiger Finanzier der NSDAP, schreibt am 20. Juli 1933 an Fritz Todt, den Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen: Das rheinisch-westfälische Industriegebiet ist eines der bedeutendsten Wirtschaftsgebiete Deutschlands und Europas. Strategisch liegt es im Aufmarschgelände künftiger Auseinandersetzungen im Westen. Die Frage seines Anschlusses an das geplante Reichsautobahnnetz wird daher sehr bald an Sie herantreten. Man wird sich hier im Bezirk vor allem des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk bedienen können, der auf dem Gebiet der Straßenplanung und des Straßenausbaus schon seit Jahren vorbildliche Arbeit nach großen Gesichtspunkten geleistet hat. Wie ich höre, ist demnächst eine Besprechung über die Frage der Fortführung der Autobahn Bonn-Köln in Düsseldorf beabsichtigt. Für meine Beteiligung an dieser Besprechung wäre ich Ihnen ergebenst dankbar. Zitiert nach: Dietrich Eichholtz und Wolfgang Schumann (Hrsg.), Anatomie des Krieges, Berlin 1969, S. 117 f. Analysieren Sie die Motive Thyssens und die Mittel, mit denen er seine Ziele zu erreichen sucht. M4 Die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft“ a) Aus der Rede Hitlers zum ersten „Reichserntedankfest“ im niedersächsischen Bückeberg am 1. Oktober 1933: Der Nationalsozialismus hat weder im Individuum noch in der Menschheit den Ausgangspunkt seiner Betrachtungen, seiner Stellungnahmen und Entschlüsse. Er rückt bewusst in den Mittelpunkt seines ganzen Denkens das Volk. Dieses Volk ist für ihn eine blutmäßig bedingte Erscheinung, in der er einen von Gott geweihten Baustein der menschlichen Gesellschaft sieht. Das einzelne Individuum ist vergänglich, das Volk ist bleibend. Wenn die liberale Weltanschauung in ihrer Vergötterung des einzelnen Individuums zur Zerstörung des Volkes führen muss, so wünscht dagegen der Nationalsozialismus das Volk zu schützen, wenn nötig, auf Kosten des Individuums. Es ist notwendig, dass der Einzelne sich langsam zur Erkenntnis durchringt, dass sein eigenes Ich unbedeutend ist, gemessen am Sein des ganzen Volkes […], dass vor allem die Geistesund Willenseinheit einer Nation höher zu schätzen sind als die Geistesund Willenseinheit des Einzelnen. b) In seiner Rede am Heldengedenktag am 10. März 1940 sagt Hitler über die „Volksgemeinschaft“: Kein Volk hat mehr Recht zu feiern als das deutsche! […] Wenn wir seit 2 000 Jahren ein geschichtliches Dasein leben, dann nur, weil in diesen 2 000 Jahren immer Männer bereit gewesen sind, für dieses Leben der Gesamtheit ihr eigenes einzusetzen und – wenn nötig – zu opfern. […] Für was sie einst kämpften, kämpfen nunmehr auch wir. Was ihnen hoch genug war, um – wenn notwendig – dafür zu sterben, soll uns in jeder Stunde zu gleicher Tat bereit fi nden. Der Glaube aber, der sie beseelte, hat sich in uns allen nur noch verstärkt. Wie immer auch das Leben und das Schicksal des Einzelnen sein mag, über jedem steht das Dasein und die Zukunft der Gesamtheit. Und hier hebt uns etwas noch über vergangene Zeiten empor: Uns allen ist das erschlossen worden, für was in früheren Zeiten so viele noch unbewusst kämpfen mussten: das deutsche Volk! In seiner Gemeinschaft leben zu dürfen, ist unser höchstes irdisches Glück. Ihr anzugehören, ist unser Stolz. Sie in bedingungsloser Treue in den Zeiten der Not zu verteidigen, unser fanatischer Trotz. […] Wenn die andere Welt der plutokratischen1 Demokratien gerade gegen das nationalsozialistische Deutschland den wildesten Kampf ansagt und seine Vernichtung als oberstes Kriegsziel ausspricht, dann wird uns damit nur das bestätigt, was wir ohnedies wissen: dass nämlich der Gedanke der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft das deutsche Volk auch in den Augen unserer Gegner besonders gefährlich, weil unüberwindlich macht. Über Klassen und Stände, Berufe, Konfessionen und alle übrige Wirrnis des Lebens hinweg erhebt sich die soziale Einheit der deutschen Menschen ohne Ansehen des Standes und der Herkunft, im Blute fundiert, durch ein tausendjähriges Leben zusammengefügt, durch das Schicksal auf Gedeih und Verderb verbunden. Erster Text zitiert nach: Johannes Hampel, Der Nationalsozialismus, Bd. 2: 1935 1939. Friedenspropaganda und Kriegsvorbereitung, herausgegeben von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildung, München 21993, S. 271 Zweiter Text zitiert nach: Max Domarus, Hitler. Reden und Proklamationen 1932 1945, kommentiert von einem deutschen Zeitgenossen, Bd. 2.1, Würzburg 1963, S. 1477 ff. 1. Zeigen Sie auf, welches Geschichtsbild Hitler zeichnet und zu welchem Zweck er dies tut. Beachten Sie die historischen Kontexte. 2. Charakterisieren Sie Hitlers Vorstellung von der „Volksgemeinschaft“. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 1 Plutokratie: Geldherrschaft bzw. Staatsform, in der allein der Besitz politische Macht garantiert 4677_1_1_2015_218-275_Kap7.indd 244 17.07.15 12:07 Nu r z u Pr üf zw ec k n Ei ge nt um es C .C .B uc h er V er la gs | |
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