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504 Konfl ikte und Frieden nach dem Zweiten Weltkrieg Die Wende in der Sowjetunion Im Rüstungswettlauf mit der überlegenen amerikanischen Wirtschaftsmacht konnte die Sowjetunion nicht mehr mithalten. Sie hatte stets wesentlich mehr Mittel in den Militärsektor gelenkt, als ihre Volkswirtschaft verkraften konnte. Der Wendepunkt kam 1985 mit Michail Gorbatschow, dem neuen Generalsekretär der KPdSU. Mit einer Politik der Offenheit (Glasnost) und Umgestaltung (Perestroika) versuchte er, der wirtschaftlichen Krise seines Landes Herr zu werden. Er wollte den Sozialismus nicht abschaffen, sondern reformieren. Abkehr von der Weltmachtpolitik Auch in der Außenpolitik verkündete Gorbatschow seit 1985 ein „neues Denken“. Es führte zu einem völligen Bruch mit der bisherigen Militärund Sicherheitspolitik der Sowjetunion. Gorbatschow machte eine Reihe von Vorschlägen zur Beendigung des Wettrüstens, betonte den Gedanken der „gemeinsamen Sicherheit“ und forderte die einvernehmliche Ausgestaltung des „europäischen Hauses“. Innerhalb weniger Jahre wandelten sich die sowjetisch-amerikanischen Beziehungen tief greifend. Nach mehreren Gipfeltreffen Gorbatschows mit US-Präsident Reagan unter zeichneten beide in Washington am 8. Dezember 1987 den INF-Vertrag. Erstmals wurde ein wirklicher Abrüstungserfolg erzielt. Die Sowjetunion musste 1 500, die USA 500 Systeme verschrotten. Moskau stellte zudem seine Unterstützung sozialistischer Regime in der Karibik, in Afrika und Asien ein (1986), zog seine Streitkräfte aus Afghanistan ab (1988/89) und kündigte vor der UNO einseitige Truppenverringerungen an (1989). Der wichtigste Schritt war jedoch das Abrücken von der Breschnew-Doktrin* und die Anerkennung der nationalen Unabhängigkeit der Ostblockstaaten (1987/88). Erfolgreiche Abrüstungsverhandlungen Nach dem Sieg der Reformkräfte in den Staaten des Ostblocks unterzeichneten die Staaten der NATO und des Warschauer Paktes im November 1990 in Paris den Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa. Vereinbart wurde neben einem drastischen Waffenabbau und Rüstungsobergrenzen auch ein detailliertes Überprüfungssystem. Gleichzeitig erklärten die Staatsund Regierungschefs der KSZE-Konferenz in der „Charta von Paris für ein neues Europa“ das Zeitalter der Konfrontation und Teilung Europas für beendet (u M3). Im Juli 1991 einigten sich die Sowjetunion und die USA nach neunjähriger Verhandlungszeit auf eine Reduzierung ihrer interkontinentalen Atomraketen um knapp 40 Prozent (START-I-Vertrag). Einen weiteren einschneidenden Abbau der atomaren Vernichtungswaffen sollte schließlich der im Januar 1993 unterzeichnete START-II-Vertrag bringen, der die Beseitigung von etwa zwei Dritteln aller Nuklearwaffen bis zum Jahr 2003 festschrieb. Damit wäre in etwa der Stand der späten Fünfzigerjahre wieder erreicht worden. Allerdings trat der Vertrag nicht in Kraft. Der Rüstungswettlauf zwischen den beiden Supermächten und ihren Verbündeten war beendet, die Ära des Ost-WestKonfl iktes vorbei (u M4). INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces): Abkommen der Supermächte über die Beseitigung aller Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5 500 km START: Abkürzung für „Strategic Arms Reduction Talks“ Michail Gorbatschow (geb. 1931): von 1985 bis 1991 Parteichef der KPdSU und von März 1990 bis zum Zerfall der Sowjetunion Dezember 1991 Staatspräsident; er erhielt 1990 den Friedensnobelpreis i Michail S. Gorbatschow trifft Ronald Reagan. Foto von der Genfer Gipfelkonferenz vom November 1985. * Siehe S. 497, M2. 4677_1_1_2015_482-535_Kap14.indd 504 17.07.15 12:19 Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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