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52 Vom Hochimperialismus zum ersten „modernen“ Krieg der Industriegesellschaft sich diese begünstigend auswirkten. Entscheidend war vielmehr, dass der industrielle und technische Fortschritt die Überlegenheit der Industriestaaten gegenüber weniger entwickelten Kulturen und Zivilisationen verstärkte. Er schuf so die Grundlage für die weltweite Durchsetzung des westlich-indus triellen Systems. Die Kolonialmächte erzwangen die Öffnung der überseeischen Märkte. Sie erwarben dort Monopole und Konzessionen und durchdrangen als wichtigste Kapitalgeber die regionalen Wirtschaftsstrukturen. Die wirtschaftliche Dominanz war umfassender als direkte politische Kontrolle. Denn diese führte zu weitreichenden ökonomischen Abhängigkeiten und dauerhaften Strukturen der Ungleichheit. Die globalen Folgen von Kolonialismus und Imperialismus sind noch heute im Verhältnis der Indus trie staaten zu den Ländern der „Dritten Welt“ spürbar. Ursachen und Legitimationsversuche Die Ursachen und Legitimationsversuche für den Konkurrenzkampf um Kolonien waren unterschiedlich. In allen Ländern spielten wirtschaftliche Gründe eine wichtige Rolle. In Zeiten, in denen wirtschaftliche Krisen Existenzängste auslösten, galten Kolonien bei allen Bevölkerungsschichten als unverzichtbare Absatzmärkte und Rohstoffquellen. Zudem sollten die Gebiete als Siedlungsraum für die rasch wachsende Bevölkerung Europas dienen. Eine weitere Ursache war der aufkeimende Nationalismus der Industriestaaten. Neben einzelnen Politikern, Kaufl euten, Forschern und Militärs traten gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch einfl ussreiche Verbände für eine Expansionspolitik ein und übten entsprechend Druck auf die Regierungen aus. Diese wiederum hofften, durch die Befriedigung der nationalen Wünsche von innenpolitischen Missständen und Konfl ikten ablenken zu können. So wurde in einigen Staaten eine Strategie des Sozialimperialismus verfolgt: Die Aussicht auf stetiges Wirtschaftswachstum und Wohlstand durch Kolonien sollte in Krisenzeiten die unzufriedenen Massen der Arbeiterschaft beruhigen, revolutionäre Tendenzen unterdrücken und damit die bestehende politische Ordnung erhalten. Darüber hinaus entwickelte sich infolge der nationalistischen Tendenzen in den Industriestaaten die Einstellung einer unbedingten Überlegenheit gegenüber ande ren Völkern. Das christlich motivierte Sendungsbewusstsein, die Fremden zu ihrem eigenen Nutzen zum „rechten“ Glauben zu bekehren, wurde durch neue imperiale Ideologien überlagert, die sich als ideale Rechtfertigung für die Unterwerfung erwiesen. Diese Vorstellungen bauten einerseits auf der Überzeugung auf, den Rest der Welt „zivilisieren“ und den rückständigen „Wilden“ den rechten Glauben, Kultur, Frieden und Fortschritt bringen zu müssen; andererseits resultierten sie aber auch aus einem neuen Rassismus: Die stärkeren Völker besäßen das Recht, die schwächeren zu beherrschen und auszubeuten. Vor allem gegenüber der farbigen Bevölkerung erwuchs ein starkes Überlegenheitsgefühl, das in Verbindung mit den Theorien des Sozialdarwinismus oftmals rassistische Züge annahm. Nationalismus: weltanschauliches Bekenntnis (Ideologie) zur eigenen Nation und dem Staat, dem man angehört. Auf der einen Seite stand die Überzeugung, dass alle Völker einen Anspruch auf nationale Selbstbestimmung haben, auf der anderen die Hochschätzung des eigenen Volkes. Die Abwertung anderer Nationen trug seit der Mitte des 19. Jh. zu einem übersteigerten Nationalbewusstsein (Chauvinismus) bei, einem Kennzeichen des Imperialismus und des Nationalsozialismus. Der Sozialdarwinismus übertrug die Evolutionstheorie über die „Entstehung der Arten“ des englischen Naturforschers Charles Darwin in stark vereinfachter und damit verfälschter Weise auf menschliche Gesellschaften: Im „Kampf ums Dasein“ könnten sich demnach nur die weiter entwickelten und daher überlegenen Völker und Staaten durchsetzen. Jahr Geldwert der Imund Exporte in Milliarden Euro umgerechnet Welt insgesamt davon Europa 1720 0,90 0,63 1750 1,43 1,05 1780 1,90 1,40 1800 3,09 2,33 1820 3,49 2,55 1830 4,16 3,08 1840 5,86 4,17 Jahr Geldwert der Imund Exporte in Milliarden Euro umgerechnet Welt insgesamt davon Europa 1850 8,95 6,24 1860 16,0 11,0 1870 23,6 16,9 1880 32,6 23,0 1890 36,1 24,1 1900 42,0 27,7 1910 67,2 42,3 i Entwicklung des Welt handels. Nach: Golo Mann (Hrsg.), Propyläen Weltgeschichte, Bd. VIII: Das neunzehnte Jahrhundert, Frankfurt am Main 1986, S. 28 p Errechnen Sie aus der Tabelle jeweils den Anteil Europas am Welthandel in Prozent und setzen Sie das Ergebnis in eine geeignete Diagrammform um. Erläutern Sie die Entwicklung. 4677_1_1_2015_048-089_Kap2.indd 52 17.07.15 11:58 Nu r z u Pr üf zw ec k n Ei ge nt um d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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