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2679.1 Leben in der EU Quelle: WHO, 2012 M6 Abwanderung von Fachkräften aus Osteuropa – Vorund Nachteile Vermeintlicher Sozialtourismus armer Osteuropäer bewegt die Gemüter. Beim genaueren Hinsehen stellt sich heraus: Es ist umgekehrt. Osteuropa verliert seine besten Köpfe an reichere West-EU-Länder. Sozialtourismus Sozialtourismus ist ein abwertend gemeinter Begriff für eine Einwanderung, die angeblich nur dazu dient, im Zielland Sozialleistungen zu erhalten. 5 10 15 20 25 „Ich erinnere mich an eine Operation, ich glaube es war in Freiburg“, sagt der ungarische Chirurg László Harsányi. „Der Patient war Türke, der Chirurg Pole und die OP-Assistentin russisch und nur zwei Wochen davor aus Moskau gekommen, weshalb sie kein Wort Deutsch oder Englisch sprach.“ Das sei eben gelebtes Europa, und immerhin: Die Operation gelang. Heute ist Harsányi Professor und Chef der Chirurgischen Klinik an der Budapester Semmelweis-Universität, einer der renommiertesten des Landes. Die Folgen der europäischen Arbeitnehmerfreizügigkeit […] bekommen Ungarns Krankenhäuser allmählich zu spüren. Rund 5.000 Ärzte haben das Land seit der EU-Mitgliedschaft verlassen, die meisten von ihnen aus der Altersgruppe unter 40 Jahre. Das ist so, als ob 40.000 meist junge Ärzte schlagartig Deutschland verlassen würden. […] „Bei uns ist es noch weniger ausgeprägt, weil wir als das beste Haus im Land gelten, so findet sich für die meisten Stellen doch immer Personal“, sagt Professor Harsányi. Ohnehin seien alle Ärzte, „die mobil sind und in mittlerem Alter, also jene, die im Westen besonders gesucht werden“, schon gegangen. „Das ist ein Prozess, der schon vor sechs oder acht Jahren begann.“ Aber inzwischen sei ein akuter Mangel an ausgebildeten Anästhesisten, OP-Assistentinnen und Krankenpflegern zu verspüren, seit im Jahr 2012 auch in Deutschland und Österreich die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für Ungarn einsetzte. Besonders die weniger begehrten Hospitäler in der Provinz oder in den Budapester Randbezirken litten darunter. Nicht nur im Gesundheitssektor wird es eng. „Es gibt kaum noch Liftinstallateure“, sagt Albert Kottner, der selbst vom Fach ist. „Es ist schwierig, jemanden zu finden, der nicht auch bald weggehen will.“ Eben baute Kottner in der Budapester Innenstadt einen alten Lift aus und einen neuen ein, in der Vergangenheit hat er bereits in Österreich gearbeitet. „Man wäre verrückt, es nicht zu tun“, sagt Kottner. „Hier in Ungarn verdienst du mit harter Arbeit im Monat 500 Euro, in Österreich in einer Woche bis zu 1.000 Euro.“ Gerade sind besonders viele seiner Kollegen im Nachbarland, „weil dort neue Sicherheitsregeln für Personenaufzüge eingeführt wurden, alles muss ruckzuck ausgewech30 35 40 45 50 55 Deutschland profitiert von Abwanderung Pflegepersonal pro 100.000 Menschen 1200 1000 800 600 400 20 00 20 01 20 02 20 03 20 04 20 06 20 07 20 09 20 05 20 08 20 10 20 11 1131,09 Deutschland 620,91 Ungarn 532,76 Rumänien 521,34 Polen 708,12 Litauen763,13 498,92 495,69 960 527,67 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge tu m d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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