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31710.6 Vertiefung: Kann die Individualisierungsthese den sozialen Wandel erklären? M32 Fragen, die die Individualisierung aufwirft … Individualisierung verwandelt das private (Zusammen-)leben freiwillig oder unfreiwillig in eine experimentelle Situation mit offenem Ausgang. Die genannten Daten über Pluralisierung, Scheidung, Transnationalität etc. sind gleichsam die Zwischenergebnisse in diesem Zwangsexperiment: Was bedeutet es eigentlich, wenn Paarbeziehungen – also Arbeitsteilung, Sexualität, Weiblichkeit und Männlichkeit – nicht mehr auf einer vorgegebenen Natur oder Tradition gegründet werden können, sondern im Horizont von Reziprozität und Gleichheit neu gewonnen, bestimmt und füreinander einsichtig gemacht werden müssen? Was bedeutet es, wenn Kinder nicht mehr als elterliches Eigentum, als Gottesgeschenk oder nationale Aufgabe bzw. als Objekt von Erziehung und Sozialisation, sondern als Individuum auf dem Wege zum eigenen Leben wahrgenommen und behandelt werden? Was bedeutet es, wenn dieses alltägliche Zusammenleben unter den Idealen von Partnerschaft und „emotionaler Demokratie“ (Anthony Giddens) konfrontiert wird mit einer Arbeitsmarktentwicklung, in der insbesondere Frauen in den Sog prekärer Beschäftigung, betrieblich diktierter Zeitflexibilisierung und daraus entstehender radikaler Ungleichheiten geraten? Was bedeutet es, wenn auf der einen Seite die family values, Mutterschaft und Vaterschaft, öffentlich beschworen werden, aber auf der anderen Seite eine allzeitige, allseitige Verfügung aller für den Arbeitsmarkt gefordert und heilig gesprochen wird, für einen Arbeitsmarkt, der immer weniger Schutzzonen und langfristige Sicherheiten bietet? Was heißt es für Paare, wenn sie in ihrem Alltag die Unterschiede und Gegensätze von nationalen und ethnischen Herkünften und Zugehörigkeiten überbrücken und verbinden müssen? Ist die Gesellschaft ohne festgefügte Traditionen eine Theologie ohne Gott? Kann es also ohne bewusste, gewollte Ich-Transzendenz überhaupt eine Beziehung zwischen Ich und Ich geben? Worauf gründet sich diese, wenn sie sich nur in sich selbst gründet? Ulrich Beck, Das Zeitalter des eigenen Lebens, www.bpb.de, 26.5.2002 30 35 40 45 50 5 10 15 20 25 Aufgaben 1. Stellen Sie die zentralen Begriffe aus M30 und deren Beziehung zueinander in einer Mindmap (J Methodenglossar) dar. 2. Erläutern Sie folgende Begriffe und Aspekte aus M31 mit eigenen Worten: Massencharakter der Individualisierung, Arbeitsmarkt-Individualisierung, Demokratisierung der Individualisierungsprozesse. 3. Erläutern Sie die Individualisierungsthese anhand der in diesem Kapitel erarbeiteten Bereiche des sozialen Wandels. Untersuchen Sie dazu arbeitsteilig die einzelnen Unterkapitel, finden Sie Beispiele und präsentieren Sie die Ergebnisse anschließend im Kurs. 4. Beantworten Sie mithilfe Ihrer bisherigen Arbeitsergebnisse die Fragen, die in M32 aufgeworfen werden. Beziehen Sie selbst schriftlich umfangreich zu einer dieser Fragen Stellung. Berücksichtigen Sie dabei die Arbeitsergebnisse aus diesem Kapitel. Nu r z u Pr üf zw ec ke Ei ge nt um d es C .C .B uc h r V er la gs | |
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