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34912.1 Sozialstaat, verfassungsrechtliche Grundlagen des Sozialstaates M3 Was ist (soziale) Gerechtigkeit? 5 10 15 20 Vorstellungen von Leistungsgerechtigkeit fordern, dass Menschen so viel erhalten sollen (Lohn, Schulnoten, Lob etc.), wie ihr persönlicher Beitrag und/oder Aufwand für die jeweilige Gesellschaft ausmachen. Konzepte der Leistungsgerechtigkeit sehen also ungleiche Belohnungen vor, um die Menschen für ungleiche Bemühungen und ungleiche Effektivität zu belohnen, sie zur weiteren Anstrengung zu motivieren und so für alle Menschen bessere Lebensbedingungen zu erreichen. Vorstellungen von (Start-)Chancengerechtigkeit zielen darauf ab, dass alle Menschen, die im Wettbewerb um die Erlangung von Gütern und die Vermeidung von Lasten stehen, die gleichen Chancen haben sollen, Leistungsfähigkeit zu entwickeln und Leistungen hervorzubringen. Das Konzept der Chancengerechtigkeit bezieht sich also nicht auf das Ergebnis, sondern auf die Ausgestaltung von Leistungswettbewerb. Gerechtigkeit ist eine Grundnorm menschlichen Zusammenlebens. Philosophen und andere Wissenschaftler, zahlreiche Politikerinnen und Politiker haben für Gerechtigkeit seit der Antike unterschiedliche Vorstellungen entwickelt. Deshalb gibt es kein allgemeingültiges Verständnis von Gerechtigkeit. Aber Gerechtigkeit hat etwas mit Redlichkeit und Rechtschaffenheit zu tun und mit dem Willen, jedem sein Recht zuzuteilen, d.h. die Beziehungen zwischen Menschen enthalten immer ein Moment von Gleichheit. Aber was ist das Recht jedes Einzelnen, was muss gleich sein und darf unterschiedlich sein? Dazu kann es sehr unterschiedliche Vorstellungen geben. Deshalb bezeichnet ein Politiklexikon1 Gerechtigkeit als ein „Verhalten eines Menschen oder eine soziale Gegebenheit, die subjektiv als (ge-)recht beurteilt wird“. Soziale Gerechtigkeit bezieht sich auf gesellschaftliche Zustände, die hinsichtlich ihrer Verteilung von Ressourcen, Rechten und Möglichkeiten als gerecht empfunden werden. Man kommt dem Verständnis von (sozialer) Gerechtigkeit etwas näher, wenn man die Arten oder Dimensionen von (sozialer) Gerechtigkeit unterscheidet (J M4). Bearbeiter […] Die Vorstellung von Chancengerechtigkeit hat nur dann einen Sinn, wenn Chancen bestehen, mehr oder weniger große Erfolge zu erzielen. […] Als bedarfsgerecht gelten Verteilungen, die dem „objektiven“ Bedarf von Menschen entsprechen, insbesondere ihren Mindestbedarf berücksichtigen […] (Bedarfsgerechtigkeit). […] Hinter diesem Konzept steht die Einsicht, dass Chancenund Leistungsgerechtigkeit nicht in der Lage sind, dem jeweiligen Bedarf der nicht Leistungsfähigen, das heißt der Kranken, Alten, Kinder etc. gerecht zu werden. Dem Konzept der egalitären Gerechtigkeit (Gleichheitsgerechtigkeit) zufolge sollen Güter und Lasten möglichst gleich verteilt werden. In einer abgeschwächten Version dieser Gerechtigkeitsvorstellungen werden auch Verteilungen von Gütern und Lasten, die gewisse Bandbreiten der Ungleichheit nicht überschreiten, als gerecht ange25 30 35 40 20 25 und Normen begriffen werden, mittels derer Lebensrisiken und soziale Folgewirkungen einer kapitalistischen (marktwirtschaftlichen) Ökonomie aktiv politisch bearbeitet wurden, ohne die Marktwirtschaft selbst in Frage zu stellen. Da der Marktprozess neben der effizienten Versorgung mit Gütern auch für eine Vielzahl sozialer Risiken und Problemlagen sorgt, bedarf es des Sozialstaats als eines kompensatorischen Systems zur Vermeidung von Armut, Not und gravierender sozialer Ungerechtigkeit. Uwe Andersen, Wichard Woyke, Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl age, Wiesbaden 2013, S. 618 f. 30 a) Arten sozialer Gerechtigkeit im Überblick und eine Umfrage, was unter sozialer Gerechtigkeit zu verstehen ist Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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