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41114.1 Fallbeispiel Syrien – Analyse eines kriegerischen Konflikts M2 Konfl iktparteien und Konfl iktverlauf Konflikte zwischen islamisch und säkular orientierten Bevölkerungsgruppen Die ursprüngliche Konfrontation zwischen dem autoritären Regime des Präsidenten Baschar al-Assad und großen Teilen der Bevölkerung wird inzwischen von einer Reihe weiterer Neben-Konflikte begleitet oder bereits schon überlagert: Dazu gehört die Auseinandersetzung zwischen einem islamisch geprägten und einem säkularen Gesellschaftsmodell – eine klassische Konfliktlinie, die auch die anderen arabischen Staaten mit Syrien teilen. Dabei geht es auch darum, welchen Platz Minderheiten in einem zukünftigen Syrien einnehmen. Durch die zunehmende Radikalisierung und Militarisierung islamistischer Kräfte, die von ausländischen Mächten und Geldgebern weitaus stärker unterstützt worden sind als ihre säkularen Konkurrenten, sehen viele Syrer ihr Jahrhunderte altes tolerantes Gesellschaftsmodell in Gefahr. Angezogen durch den Krieg und den Zerfall des Staates in weiten Teilen des Landes sind inzwischen immer mehr Dschihadisten und Al-Qaida-Aktivisten aus anderen islamischen Staaten in Syrien eingedrungen. Sie haben keinen Bezug zur pluralistischen Vergangenheit des Landes. Ihr Ziel ist oft nicht mehr der Kampf gegen das Assad-Regime, sondern die Errichtung von regionalen Kalifaten. In den von ihnen kontrollierten Gebieten begehen sie Menschenrechtsverletzungen und drängen der Bevölkerung ihre radikal-islamische Lebensform auf. Protest der Bevölkerung gegen das autoritäre Regime von al-Assad Assads Regierungszeit begann mit einer zaghaften Reform der sozialistischen Planwirtschaft, allerdings ohne mehr politische Freiheiten zu gewähren. Die punktuellen wirtschaftlichen Liberalisierungen verstärkten – noch zusätzlich verschärft durch die Beutewirtschaft des Assad-Clans – die sozialen Ungleichheiten und damit die Existenzangst und Armut der syrischen Mittelschicht. Besonders betroffen waren junge Menschen. Syrien hatte vor dem Krieg eine der höchsten Geburtenrate der arabischen Welt. [...] Auch in Syrien hat der „Arabische Frühling“, der zur Jahreswende 2010/2011 begann, Themen an die politische Oberfläche gespült, die in den arabischen Autokratien – ob prooder anti-westlich – lange tabu waren. Die Demonstranten forderten die Achtung der Menschenwürde, Freiheiten, Rechtsstaatlichkeit sowie soziale und wirtschaftliche Perspektiven. Der Assad-Clan und seine Macht in Syrien Seit 1970 [...] wird Syrien von einer einzigen politischen Partei beherrscht, der BaathPartei. Seitdem gab es nur zwei Herrscher, die zur gleichen Familie gehören: Bis zum Jahr 2000 herrschte Hafez al-Assad. Als er im Jahr 2000 starb, ging die Macht an seinen Sohn Bashar al-Assad über. Er regiert bis heute. Alle anderen Parteien sind der Baath-Partei untergeordnet. Die BaathPartei ist die einzige Partei mit Macht und Einfl uss in Syrien. Deswegen wird auch von einem Einparteienstaat gesprochen. Die Assad-Familie gehört der Glaubensrichtung der so genannten Alawiten an. Die Alawiten sind in Syrien allerdings in der Minderheit. Doch seit die Assad-Familie an die Regierung kam, genossen die Alawiten in Syrien sehr viele Sonderrechte. © Berghof Foundation/ Friedenspädagogik Tübingen, www.frieden-fragen. de, Abruf am 27.3.2015 Auseinandersetzungen zwischen sunnitischen und schiitischen Bevölkerungsgruppen und den Kurden Der sunnitisch-schiitische Gegensatz hat sich auch innerhalb der syrischen Gesellschaft verschärft. Die kleine schiitische Minderheit, die sich zu Beginn teilweise an den Protesten gegen Assad beteiligt hatte, sieht sich nun der Verfolgung durch radikal-sunnitische Kräfte ausgesetzt. Ein weiterer Teilkonflikt mit regionaler Ausstrahlung ist die arabisch-kurdische Auseinandersetzung. Im Nordosten des Landes haben regimefreundliche Kräfte der Democratic Union Party (die PYD ist der syrische Ableger der türkisch-kurdischen PKK) nach der Verlegung syrischer Armeeeinheiten ins Landesinnere die Kontrolle über mehrere Städte übernommen und eine Übergangsverwaltung errichtet. Das kurdische Lager in Syrien ist dabei keineswegs homogen. Es gibt starke Auseinandersetzungen zwischen pro-revolutionären und eher regimenahen Kräften. 5 10 5 10 5 10 15Nu r z u Pr üf zw ec ke Ei ge nt um d es C .C .B uc h er V er la g | |
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