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976.3 Wie beeinlusst die Geldpolitik die Wechselkurse? 6.3 Wie beeinlusst die Geldpolitik die Wechselkurse? M10 Historischer „Finanz-Tsunami“ Die Mitteilung gleicht einer Kapitulationserklärung: Man sei „zum Schluss gekommen, dass die Durchsetzung und die Aufrechterhaltung des Euro-Franken-Mindestkurses nicht mehr gerechtfertigt“ sei, ließ die Schweizer Nationalbank (SNB) die Welt am Donnerstagmorgen wissen – und stürzte die Finanzmärkte damit in Turbulenzen. Binnen Minuten schoss der Kurs des Euro zum Franken um fast 30 Prozent nach unten. Die Aktienmärkte sackten europaweit ab. Mit dem Schritt hatte niemand gerechnet. Seit September 2011 hatte die SNB einen Mindestkurs für den Euro im Vergleich zum Schweizer Franken festgesetzt. Weniger als 1,20 Franken sollte der Euro nicht wert sein. Oder andersherum: Stärker durfte die Schweizer Währung nicht werden. Bis zuletzt hatte die Notenbank keinen Zweifel daran gelassen, dass sie diese Grenze verteidigen werde – sie tat das, indem sie so viel Euro oder Euro-Anleihen kaufte wie nötig. Der Mindestkurs hatte immer einen klaren Zweck: Er sollte verhindern, dass der Franken zu wertvoll wird. Was zunächst paradox klingt, war durchaus sinnvoll. Die Schweiz exportiert rund 60 Prozent ihrer Ausfuhren in die Euro-Zone. Und je stärker der Franken, desto teurer werden Schweizer Produkte im Ausland – und desto schlechter lassen sie sich verkaufen. Auch der Erfolg des Tourismusgeschäfts hängt nicht unwesentlich daran, ob sich ein deutscher Urlauber auf einer Schweizer Skihütte für seine Euro ein Käsefondue leisten kann oder nur ein Gläschen Rivella. Umso dramatischer dürfte nun das plötzliche Ende des Mindestkurses für die Schweizer Wirtschaft sein. Schon der Eurokurs von 1,20 Franken war für viele Unternehmen eine Last. Mit einem Verhältnis von eins zu eins, das viele Experten nun mittelfristig erwarten, werden die Firmen ums Überleben kämpfen müssen. Zudem droht die gesamte Volkswirtschaft der Schweiz in eine Delation abzugleiten. Schon Ende 2014 war die Inlationsrate in den negativen Bereich gerutscht. Im Schnitt ielen also die Verbraucherpreise. Bisher wurde der Franken durch den Mindestkurs indirekt auch im Vergleich zur Ölwährung Dollar künstlich niedrig gehalten. Dadurch ließ sich der dramatische Sturz der Heizölund Benzinpreise aber zumindest noch etwas abfedern. Auch das dürfte nun vorbei sein. Ab jetzt schlägt der billige, in Dollar abgerechnete Ölpreis voll auf die Preisentwicklung durch. Selbst wenn niedrigere Preise für viele Verbraucher und Unternehmen zunächst positiv klingen mögen: Insgesamt dürfte der hohe Frankenkurs das Wirtschaftswachstum deutlich bremsen. Abzulesen ist das auch am Schweizer Aktienmarkt, der am Donnerstag zeitweise um fast 14 Prozent einbrach – so viel wie noch nie an einem Tag. „Ein Zeitraum starker Delation ist ein ernstzunehmendes Risiko“, urteilt Ökonom Christian Schulz von der Berenberg Bank über die Schweiz. Auch wenn er glaubt, dass die Schweizer damit schon irgendwie zurechtkommen werden. Und was ist mit Deutschland und der Eurozone? Schon seit gut einem halben Jahr verliert der Euro auch gegenüber dem Dollar drastisch an Wert. Nach dem überraschenden Schritt der Schweizer Notenbank stürzte er am Donnerstag zeitweise auf den niedrigsten Stand seit 2003. Ein Grund zur Sorge? Eher nicht. Denn der Euro-Absturz ist auch gewollt. Mit ihrer äußerst lockeren Geldpolitik versucht die Europäische Zentralbank (EZB), die Wirtschaft in der Eurozone wieder in Schwung zu bringen. Die ultraniedrigen Zinsen sollen zum einen die Kreditvergabe der Banken anregen, zum 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 N u z u P rü fz e c k e n E ig n tu m d e s C .C . B u c h n e r V e rl a g s | |
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