Volltext anzeigen | |
Kompetent in Wirtschaft & Recht erweitern – vertiefen – anwenden 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Sinn: Natürlich hängt alles am Wachstum, aber Deutschland hat in den letzten acht Jahren das niedrigste Wachstum in ganz Europa erreicht (…). Bofinger: (…) mit Ausnahme der Schweiz. Sinn: (…) und wir werden vielleicht auch langfristig nominal nicht mehr als 2 bis 3 Prozent pro Jahr wachsen. Deshalb darf bei uns das strukturelle Defizit nicht höher als 1,2 bis 1,8 Prozent sein. Ein Land, das nicht wächst, kann auch nicht so hohe Defizite fahren wie die USA. Bofinger: Das ist die Frage von Henne und Ei. Vielleicht wachsen die Amerikaner ja so stark, weil sie im Abschwung nicht sparen, sondern Geld aus geben. Ich halte es auch für falsch, diese Stagnationsszenarien für Deutschland einfach in die Zukunft fort zuschreiben. (…). Sinn: Wie auch immer die Konjunktur in Europa lief, wir waren das Schlusslicht. Auch auf die beiden Boomjahre können wir uns nichts einbilden. ZEIT: Wie reduzieren wir mittelfristig die Staatsverschuldung auf 60 Prozent des BIP? Durch weiteres Sparen und womöglich null Wachstum? Oder durch eine kurzfristig expansive Fiskalpolitik, die alle Defizitgrenzen missachtet? Sinn: Es gibt immer eine gewisse Selbstfinanzierung eines Budgetdefizits, und zwar dadurch, dass sich anschließend der Auslastungsgrad des Produktionspotenzials verbessert. Aber dieser Selbstfinanzierungseffekt liegt bei etwa einem Drittel. Man kann also nicht die Schuldenquote verringern, indem man mehr Schulden macht, das wäre eine zu schöne und bequeme Theorie. Außerdem: Selbst wenn durch expansive Fiskalpolitik jetzt ein Superboom erzeugt würde, hätte Deutschland nicht viel davon. Die Arbeitslosigkeit läge dann immer noch bei 3,8 Millionen Menschen. Nur ein Siebtel der Arbeitslosigkeit ist konjunkturell bedingt. Bofinger: Allein seit 2001 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um mehr als eine Million gesunken. Das entspricht etwa einem Viertel von 4,2 Millionen. Sinn: Sie vergessen den seit 30 Jahren steigenden Trend. Das ist ja nun mal ein Faktum. Deshalb ist die Zahl der Beschäftigten konjunkturell höchstens um 700.000 zurückgegangen. Bofinger: Die Zahl der Arbeitsplätze ist im Westen seit 2001 immer gestiegen. Sinn: Leider half das nicht viel. Wir haben Arbeit durch kürzere Arbeitszeiten lediglich umverteilt und deshalb ein paar neue Jobs geschaffen. Das Arbeitsvolumen, die Zahl aller geleisteten Arbeitsstunden, ist in den 20 Jahren zwischen 1982 und 2002 um null Prozent gewachsen, in Amerika dagegen um 38 Prozent und in Holland um 24 Prozent. ZEIT: Herr Sinn, wenn wir mehr sparen müssen, dann wie? Ist die Idee, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, richtig? Sinn: Nein. Wenn der Staat mit dem Geld, das er hat, nicht auskommt, muss er weniger ausgeben. Jetzt wie der den Bürgern in die Tasche zu greifen, wäre falsch. ZEIT: Also keine Steuererhöhung? Sinn: Ja, auch kein Steuervergünstigungsabbaugesetz. Stattdessen brauchen wir zum Beispiel einen langsameren Anstieg der Renten. Ein Prozentpunkt weniger bringt 2 Milliarden Euro. Auch bei den an Hans Werner Sinn ist Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung und Direktor des Center for Economic Studies (CES) der Ludwig-Maximilians Universität München. Peter Bofinger ist Professor für Volks wirtschaftslehre und Mit glied im Sachverständigen rat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. M1 Rezepte gegen die Wirtschaftskrise: ein Streitgespräch über Konjunktur und Wachstum 120 1214 Grundlegende Konzepte der Wirtschaftspolitik 4.1 Die Nachfragetheorie4.3 Welche Pol tik ist die ric tige? Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um de s C .C . B uc hn er V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |